Ein Kind ist kein Kind?! Wieso ich das als Dreifach-Mama nicht so sehe

Auf meiner Lesung aus meinem Buch „Die Kunst, keine perfekte Mutter zu sein“ erzählte eine Mutter mir, dass sie ständig zu hören bekommt, sie solle sich nicht so anstellen, schließlich habe sie nur ein Kind. Und ein Kind ist kein Kind. Sagt man doch so. Sie könne diesen Satz nicht mehr hören, sagte sie. Was ich denn als Dreifach-Mutter darüber denke: Ist ein Kind wirklich kein Kind? Und dürfe sie sich deshalb nicht beklagen, dass sie zu nichts kommt? Ich muss gestehen, ich habe mich, als mein zweiter Sohn auf die Welt kam, auch gefragt, wieso mir das Leben mit nur einem Kind eigentlich manchmal so stressig vorkam. Und heute mit drei Kindern wundere ich mich, wieso mir das Leben mit nur zwei Kindern so stressig vorkam. So ändert sich die Wahrnehmung. Aber rückblickend muss ich sagen: Die Umstellung von keinem zu einem Kind war die größte. Das erste Kind hat mein Leben am meisten auf den Kopf gestellt – und dieses Auf-den-Kopf-Stellen, dieses ins kalte Wasser geworfen werden, in eine ganz neue Welt eintauchen, das war es, was das erste Kind am anstrengendsten machte. Und weshalb der Spruch „ein Kind ist kein Kind“ absolut nicht gerechtfertigt ist. Denn natürlich ist ein Kind ein Kind und es ist viel Arbeit – und natürlich dürfen auch Mütter von einem Kind sagen „ich kann nicht mehr!“

Als mein Großer vor sieben Jahren auf die Welt kam, dachte ich, gut vorbereitet zu sein. Ich hatte Bücher gelesen, mit anderen Müttern gesprochen, sogar einen (heute rückblickend eher überflüssigen) Kurs „Vorbereitung auf das Leben zu dritt“ belegt. Ich kannte alle Entwicklungsschritte, die Babys im ersten Jahr machen, ich wusste, welche Farbe beim Muttermilchstuhl bedenklich ist, ich hatte die Beikosteinführung in und auswändig gelernt und ich konnte Milchschorf von Kopfgneis unterscheiden. Kurz: Ich hielt mich für einen ziemlichen Profi. Aber ich war nicht vorbereitet darauf, wie müde man eigentlich sein kann. Ich hatte keine Ahnung, dass man zu gar nichts kommt, wenn das Baby zahnt und den ganzen Tag getragen werden möchte. Ich hatte keine Vorstellung davon, wie langweilig es sein kann, einen Nachmittag lang eine Rassel hin und her zu schwenken oder Bausteine aufzubauen und wieder umzustoßen. Darauf bereitet einen ja keiner vor.

Beim zweiten Kind hatte ich gar keine Zeit mehr, mich zu langweilen. Da war ja noch das große Kind, das mich auf Trab hielt. Und was mir die Baby-Unterhaltung abnahm. Denn der Kleine fand es klasse, seinem großen Bruder zuzuschauen. Er fand ihn sogar unterhaltsamer als mich mit meiner Rassel. Dazu kam, dass ich wusste, was mich erwartet. Dass ich alles schon mal durchgemacht hatte. Was das Stressgefühl tatsächlich geringer ausfallen ließ als mit nur einem Kind. Jetzt beim dritten Kind ist es übrigens wieder so: Die Babymaus findet ihre Brüder viel spannender als mich und will einfach nur dabei sein. Und es ist tatsächlich so, dass ich vieles nun noch entspannter sehe als beim ersten und zweiten Kind und das Stressgefühl noch einmal abgenommen hat. Ich arbeite ja in der Elternzeit nebenher weiter als Journalistin – wie auch beim ersten und zweiten Kind. Und diesmal schaffe ich mehr – und fühle mich weniger unter Druck.

Natürlich ist es mit drei Kindern trubeliger als mit einem Kind. Natürlich habe ich viel öfter das Gefühl, nicht zu Wort zu kommen. Ich brauche öfter drei, nein vier! Hände als mit einem Kind. Und es wäre gelogen zu sagen, dass ich nicht gestresst bin. Natürlich komme ich zu nix! Natürlich bleibt viel liegen. Na klar muss ich Prioritäten setzen. Aber das Gefühl der Belastung ist geringer. Und wenn ich vormittags „nur“ das Baby habe, merke ich erst richtig ,wie ruhig es ist im Vergleich zum Nachmittag mit drei Kindern. Und wenn ich rückblickend sehe, über was ich mir einen Kopf gemacht habe beim ersten Kind – dann merke ich, wie entspannt ich geworden bin. Ich weiß heute, dass sich viele Fragen und Sorgen in Luft auflösen, die mir in der ersten Elternzeit noch schier unlösbar erschienen.


Deshalb habe ich natürlich manchmal den Gedanken: „Wieso hat mich das jetzt eigentlich bei einem Kind so gestresst“. Oder : „Hätte ich das doch bloß schon beim ersten Kind gewusst.“

Aber der Spruch „ein Kind ist kein Kind“ – den sage ich nicht. Denn er stimmt nicht. Und keine Mutter mit einem Kind muss sich schlecht fühlen, weil sie nichts schafft. Sie hat natürlich das Recht darauf, gestresst zu sein. Denn das erste Kind ist anstrengend! Es ist die größte Herausforderung, denn es verändert alles. Es stellt das bisherige Leben mehr auf den Kopf als die weiteren Kinder. Der Unterschied von null zu eins ist größer als von eins zu zwei oder zwei zu drei. Und was ich jetzt mit meinem Vierjährigen und Siebenjährigen merke: Die beiden unterhalten sich gegenseitig. Sie spielen miteinander (wenn sie nicht gerade streiten und mich in den Wahnsinn treiben damit) – und nehmen mir so „die Arbeit ab“. Auch das ist einfacher, wenn man mehrere Kinder hat. Man ist als Mutter nicht die Alleinunterhalterin und Geschwister haben jemanden zum Spielen (und Streiten).

Deshalb liebe Einkind-Mütter, lasst Euch kein schlechtes Gewissen machen! Ihr habt alles Recht der Welt, müde zu sein, geschafft zu sein, zu nichts zu kommen und zu sagen „ich kann nicht mehr“. Genauso wie Mehrfachmütter. Denn das Leben mit Kindern ist nun mal nicht immer rosarotes Bullerbü- sondern auch anstrengend. Egal, wie viele Kinder man hat. Und wenn man diesen Gedanken annehmen kann – dann fällt es auch viel leichter die schönen Momente zu genießen. Denn auch das gilt: Egal, wie viele Kinder man hat, das Leben mit Kindern ist wunderschön!

 

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6 Kommentare zu “Ein Kind ist kein Kind?! Wieso ich das als Dreifach-Mama nicht so sehe

  1. Ich habe drei Kinder und finde auch, dass die Umstellung von kein Kind auf das erste Kind am größten war. Allerdings sage ich sehr oft.. ein Kind ist kein Kind. Alles dreht sich bei den Eltern nur um ein kleines Wesen. Sie müssen nicht gleichzeitig beim Fußball mit dem Sohn, mit der Tochter im Reitstall und das ganze noch mit einem Baby im Gepäck organisieren. Und meistens habe ich die Einzelkinder dieser Eltern dann noch bei mir weil es bei uns so schön ist und die Eltern genießen ihre Zweisamkeit, gern auch ein ganzes Wochenende.. da würde das Kind stören.
    Drei Kinder verteilt man so schnell nicht und ich will das auch gar nicht. Ich denke, auch bei den aktuellen Sachen wie homeschooling usw. ist es doch leichter mit einem Kind zu lernen, die Unterlagen zu besorgen als mit mehreren Schulkindern aus unterschiedlichen Klassenstufen und dabei noch das Baby zu betreuen. Die Kinder haben haben dann je nach Alter und Befindlichkeiten doch so unterschiedliche Ansprüche und allen will man da gerecht werden.. Streitereien untereinander inklusive. Mir macht das alles Spaß, ich habe es mir immer so gewünscht und ich will mich gar nicht beklagen. Allerdings sehe ich die Eltern mit einem Kind in meinem Umfeld etwas anders. Vor allem wenn man mir dann mit Sprüchen kommt wie.. „was tust Du Dir denn an..?“ „wann hast Du denn mal Zeit für Dich?“
    Ich finde ebenso, dass ich mit jedem Kind entspannter geworden bin und genieße das sehr. Aber der Respekt vor Eltern mit einem Kind hält sich bei mir wirklich in Grenzen.

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