Wieso 10 km/h einen Unterschied machen

Wir wohnen in einer Spielstraße. Wo die spielenden Kinder regelmäßig von Autofahrern angepöbelt werden. Weil sie sich am Durchrasen gestört fühlen. All diesen pöbelnden Autofahrern dort draußen möchte ich einmal einige Zahlen nennen. Der häufigste Grund für Unfälle mit Kindern innerhalb von Ortschaften: überhöhte Geschwindigkeit. Kinder können – und das ist durch die Entwicklung bedingt – Geschwindigkeiten nun mal nicht richtig einschätzen. Erst mit neun, zehn Jahren lernen sie es. Drei- bis Vierjährige können noch nicht einmal richtig ein stehendes von einem fahrenden Auto unterscheiden, wie eine Studie aus England zeigte. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass in Tempo-30-Zonen 40 Prozent weniger Unfälle als in vergleichbaren Tempo-50-Zonen passieren. Tritt ein Kind 15 Meter vor ein 50 Km/h fahrendes Auto, trifft das Auto mit einer Geschwindigkeit von 47 km/h auf dieses Kind – vorausgesetzt, der Fahrer oder die Fahrerin macht eine Vollbremsung. Fährt dieser PKW jedoch nur 30 km/h, so kommt er bei einer Vollbremsung rechtzeitig vor dem Kind zum Stehen. Dem Kind passiert nichts. Selbst, wenn das Auto das Kind erwischen würde, wäre die Gefahr, schwer verletzt zu werden, deutlich geringer.

Eine Untersuchung der Uni Düsseldorf zeigte, dass bei einer Aufprallgeschwindigkeit von 30 km/h etwa ein Drittel der Fußgänger getötet wird, bei 40 km/h die Hälfte und bei Tempo 50 80 Prozent. Schon bei einer Aufprallgeschwindigkeit von 60 km/h haben die Unfallopfer keine Chance mehr, diesen Aufprall zu überleben. Noch ein Bild, um den Unterschied zu verdeutlichen: Der Aufprall bei Tempo 50 entspricht einem Fall aus zehn Meter Höhe. Der Aufprall bei Tempo 30 einem Fall aus 3,6 Meter Höhe.

Da fragt man sich schon, wieso es auf so großen Widerstand stößt, innerhalb von Ortschaften generell eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h einzuführen. (vielleicht liegt es daran, dass der ADAC 21 Millionen Mitglieder hat, der Kinderschutzbund aber gerade mal 50 000?) Das Argument der Fahrtzeit zieht nur bedingt, denn der Zeitgewinn ist bei einer schnelleren Geschwindigkeit minimal – auf einem Kilometer beträgt dieser Zeitgewinn nur wenige Sekunden. Niemand muss durch Wohngebiete rasen. Niemand muss das Leben von Kindern gefährden. Es wird Zeit, dass wir uns den öffentlichen Raum zurückerobern.

Mehr dazu schreibe ich übrigens auch in meinem nächsten Buch, das Ihr jetzt schon vorbestellen könnt: „Deutschland, ein kinderfeindliches Land? Worunter Familien leiden und was sich ändern muss.“ Bestellt es vor, sagt es weiter, damit das Thema so viel Aufmerksamkeit wie möglich erfährt! Zusammen können wir etwas bewegen!


2 Kommentare zu “Wieso 10 km/h einen Unterschied machen

  1. Kinder haben einfach keine Lobby. Anders kann man sich die unsicheren Schulwege auch nicht erklären. Wie soll das Kind mit dem Fahrrad losfahren, wenn es nicht nur keinen Radweg gibt, sondern – wie du schreibst – die Autos auch noch mit hohen Geschwindigkeiten vorbeirauschen dürfen? …

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