Ein Spielplatz mit Öffnungszeiten: Wie kinderfreundlich sind wir eigentlich?!

Neulich waren wir auf einem Spielplatz. Und hätten dort eigentlich gar nicht spielen dürfen. Denn der Spielplatz hatte grad Mittagspause. Ja, ich gebe es zu: Wir haben uns nicht an die Vorschrift gehalten. Unsere Kinder haben trotzdem gespielt. Vor dem Spielplatz, der direkt hinterm Deich war, kein Altenheim oder überhaupt sonstige Bebauung in der direkten Nachbarschaft hatte, stand ein Schild: Geöffnet von 8-12.30 Uhr und von 14.30 bis 20 Uhr. Da fragt man sich dann schon: Wie kinderfreundlich sind wir eigentlich? Was sagt so ein Schild über unsere Gesellschaft aus?!

Spielplatz, Kinderfreundlichkeit, Geburtenrate

Ein Spielplatz mit Mittagspause: Wie kinderfreundlich sind wir?!

Ist das nicht irgendwie typisch für die Grundeinstellung in unserer Gesellschaft? Dass Kinder nur als Lärmfaktor gesehen werden? Dass man einen Ort, der extra für Kinder ist, mit Öffnungszeiten reglementiert? Es ist ja leider kein Geheimnis, dass Makler Häuser in direkter Nachbarschaft zu Kindergärten, Schulen oder Spielplätzen eher abwerten – ist ja nicht jedermanns Ding, so dieser Kinderlärm, nicht wahr?!

Wieviel Kinderlärm ist erlaubt?

Ja, Kinder machen Lärm. Ja, der kann sogar manchmal sehr sehr lärmig sein. Ja, auch mir ist es manchmal zu viel. Ja, auch der Lärm meiner eigenen Kinder. Oder: Besonders der Lärm meiner eigenen Kinder. Ja, es kann nerven, wenn eine Horde Jungs wild raufend Räuber und Polizist spielt und zehn Mädchen im Sekundentakt „Selber, selber, lachen alle Kälber“ rufen. Ohja, auch der kleine Wutzwerg inmitten seines Trotzanfalls kann sehr laut sein. Und ohja,  das kann schon stören, wenn man grad so gemütlich auf der Terrasse liegt und seinen Nachmittagskaffee trinkt.

Aber hey: Gehört es nicht dazu?! Ist der Kinderlärm nicht einfach etwas ganz Normales? Ein Teil unseres Lebens? Ist so eine Spiel-Einschränkung nicht Ausdruck der Kinderunfreundlichkeit unserer Gesellschaft?

Sollte es jedenfalls sein. Kinder sollen auf einem Spielplatz spielen können, wenn sie Lust darauf haben. Und auch ansonsten. Wie sagt es doch die großartige Juramama in einem Interview in der aktuellen Brigitte Mom: Kinder machen keinen Lärm. „Das, was Kinder an natürlichen Geräuschen produzieren – lachen, weinen, toben, Spielgeräusche – sind Dinge, die man hinnehmen muss.“ Kinderlärm sei nie störender zu beurteilen als Erwachsenenlärm. Und ein Laubbläser darf samstags auch von 7 bis 22 Uhr in Betrieb sein. Ha! Und der ist wirklich lauter als meine Kinder!

Höflichkeit und Erziehung muss sein: Aber ein Baby kennt nun mal keine Ruhezeiten

Klar ist das jetzt kein Freispruch, die eigenen Kinder auf der Heizung Trommel spielen zu lassen, wenn man in einem Mehrfamilienhaus wohnt. Ich würde meine Kinder auch davon abhalten, um 5 Uhr morgens mit dem Bobbycar Wettrennen im Flur zu machen, wenn unter uns Leute wohnen würden. Ich lasse meine Jungs im Restaurant nicht um die Wette schreien und pupsen und auch nicht mit der Gabel auf den Teller im Rhythmus zu einem halbgebrüllten „123 im Sauseschritt“ den Takt schlagen. Das gebietet ja nun die Höflichkeit. Natürlich erziehe ich meine Kinder dazu, in einem Krankenhaus ruhig zu sein und nicht gerade Fangen im Flur zu spielen sondern lieber zu puzzeln oder ein Buch anzugucken, wenn man einen Krankenbesuch macht. Und natürlich lasse ich sie auch im Hotelflur nicht Topfschlagen spielen oder in der Bücherei (also zumindest in der Erwachsenenbücherei) herumkrakeelen.

Rücksichtnahme, Respekt vor anderen, ein angemessenes Handeln in entsprechenden Situationen: Das ist eine Sache der Höflichkeit, der Erziehung, aber für mich auch irgendwie eine Selbstverständlichkeit. Aber es ist für Kinder auch ein Lernprozess. Denn sie wollen nunmal laut sein – auch dann, wenn Tante Erna im Nachbarhaus um 13 Uhr immer ihren Mittagsschlaf hält. Aber sie verstehen es auch – ab einem gewissen Alter zumindest und auch nicht immer, aber meistens – dass man in dieser halben Stunde dann halt nicht laut Fußball spielt sondern ein bisschen Rücksicht nimmt. Dafür kann dann aber Tante Erna auch mal verständnisvoll sein, wenn die Kinder dann ab 15 Uhr wieder laut kichernd Sandburgen bauen und zertreten. Und Baby schreit nunmal, wenn es hungrig ist. Auch mitten in der Nacht. Hier kommt man mit Argumenten und Appellen an die Höflichkeit auch nicht weiter.

Kinderfreundliches Deutschland: Symptom Spielplatz mit Öffnungszeiten. Was sagt das über unsere Gesellschaft, uns Eltern und die ERziehung aus?

Es gibt genug Situationen im Leben, wo die Kinder einfach Kinder sein sollen. Und dazu gehört nun mal auch, dass man mal laut wird. Und wenn nicht auf einem Spielplatz -wo soll das denn sonst sein ?

Kinder werden in unserer Gesellschaft oft als Störfaktor empfunden

So ein Schild zeigt doch, wie unsere Gesellschaft tickt. Dass Kinder von vielen nur als Störfaktor empfunden werden. Es ist ja nicht nur dieses Schild. Man trifft es überall. Die Menschen im Flugzeug, die genervt die Augen verdrehen, wenn eine Familie mit Kinder sich vor ihnen platziert. Die zornige alte Dame im Bus, die immer wieder tadelnd herüberschaut, wenn die Kinder sich darum streiten, wer denn nun den Stop-Knopf drücken darf.

Ich kenne einige Eltern, die mit ihren Kindern nicht ins Restaurant gehen, weil die Kinder sich „nicht benehmen“ können. Oder sie Angst haben, mit ihren Kinder unangenehm aufzufallen. Das kann doch nicht sein: Dass wir als Eltern uns zurückziehen und auf das gesellschaftliche Leben verzichten, weil unsere Kinder einfach Kinder sind und diese Tatsache andere stören könnte?! Hm.

Und dann wundert man sich, dass immer weniger Kinder auf die Welt kommen.

Kinderlärm, Gesellschaft

Lasst die Kinder einfach Kinder sein – mit all ihrem Entdeckergeist!

Ich hatte es ja schonmal geschrieben, dass wir als Familien sichtbarer werden müssen. Dass wir wieder die Restaurants und Cafés stürmen müssen. Um zu zeigen, wie schön das Leben Kindern ist. Damit man das nicht vergisst. Und sich daran gewöhnt. Wie soll man denn sonst jungen Frauen Lust auf Kinder machen, wenn man Kinder einfach nicht sieht und hört? Wenn man ihnen zeigt: Seht her, das Leben ist mit Kindern wunderbar und es geht weiter! Und ja, man kann auch weiterhin Essengehen und ins Hotel!

Ich finde, Kinder sollen laut sein. Sie sollen herumspielen, herumtollen, über ihre Kinderwitze in Kinderlautstärke (also sehr laut) lachen können und sich auch im Wutanfall krachmachend auf dem Boden wälzen dürfen. Denn sie sind Kinder. Und es gehört nunmal dazu. Und deshalb gehören sie auch dazu. Zu unserem Leben. Mit all ihrem Krach. In die Mitte der Gesellschaft, unseres Alltags. Und nicht irgendwo an den Rand in ablegene Spielplätze mit Öffnungszeiten gezwängt.

Oder, wie seht Ihr das? Kennt Ihr auch solche Spielplätze mit Öffnungszeiten? Hattet Ihr schon Begegnungen „der dritten Art“ mit kinderunfreundlichen Menschen?

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15 Kommentare zu “Ein Spielplatz mit Öffnungszeiten: Wie kinderfreundlich sind wir eigentlich?!

  1. Puh.. so etwas habe ich noch nie gesehen.. Öffnungszeiten? Ist ja verrückt… ich halte davon nicht so viel und mag deine Worte dazu sehr. Wie recht du hast! Man muss einfach wieder zeigen wie toll es ist, Kinder zu haben.. eine Familie zu sein! *herz* Danke für den Beitrag!

  2. Ich musste auch schlucken, als ich auf dem Spielplatz bei meiner Schwester um die Ecke ein Schild mit „Öffnungszeiten“ sah. Der ist aber mittags zumindest „geöffnet“, erst ab 19 Uhr ist Spielen dort unerwünscht. Die Häuser stehen allerdings auch wirklich dicht drum herum.
    Ich finde die ganze Mittagsruheregelung in Deutschland sowieso irgendwie unbegreiflich. Furchtbar spießig und veraltet! Als ob da plötzlich alle ein Nickerchen machen wollen. Die in der Regel alten Leute, die sich über Missachtung der Mittagsruhe beschweren, meckern doch auch nur, weil da gegen eine Regel verstoßen wird, nicht weil sie sich gestört fühlen, glaube ich. Sollte man wirklich mal abschaffen!
    Und wie du sagst: Blattbläser und Konsorten sind viiiiiel nerviger und lauter! Ich bin mal kurz nach 6 (!) davon geweckt worden, dass die Jungs von der Stadtreinigung alten Kaugummi vom Gehweg kratzten…. Aber die müssen sich offenbar nicht an Ruhezeiten halten, möh.

    Liebe Grüße aus Holland!

  3. Die meisten vergessen einfach, dass auch sie mal Kinder waren. Es muss sich aber was ändern – wie du sagst, wir müssen als Familien sichtbarer werden. Diese verurteilenden Blicke in der Straßenbahn, wenn meine kleine weint, obwohl sie bei mir auf dem Arm ist – aja, die Mama hat ihr Kind nicht im Griff. Nur, dass man Babys nicht immer im Geiff haben kann, manchmal tut was weh, oder es fühlt sich nicht wohl. Da hilft auch Mamas Arm nicht immer.

    Kinder sollen Kinder sein dürfen, Spaß haben dürfen. Erwachsen werden müssen sie schon noch früh genug…

  4. Ich verstehe wirklich nicht, was daran so schlimm ist. Ich mache derzeit mein Praktikum im Kindergarten, in einer Gruppe mit ca. 15 Kindern von 2 bis 6 Jahren. Und klar ist es da oft laut. Eigentlich fast immer. Aber das ist mir egal, ich liebe es einfach:) Und auch, wenn Kinder oft den größten Schwachsinn erzählen – sowas stört mich so gut wie nie, es sind eben Kinder und deshalb ist das voll okay :)

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