Gastbeitrag: Alleinerziehend und zwei Homeschooling-Kinder – eine Mutter berichtet

Ich lasse auf diesem Blog auch immer wieder gerne andere Mütter zu Wort kommen, um möglichst viele Aspekte des Mutterseins zu zeigen. Denn je deutlicher wird Mütter werden, umso mehr können wir bewegen! Ich habe heute einen Gastbeitrag von „Schnuppismama“, die ihr hier bei Instagram findet. Sie ist alleinerziehend und Mutter von zwei Schulkindern und schreibt in ihrem Gastbeitrag davon, wie der Lockdown und das Homeschooling für sie ist, welche Herausforderungen damit gerade für Alleinerziehende verbunden sind. Lest selbst!

  „Bald elf Monate lang haben wir einen neuen, einen anderen Alltag. An einem Freitag Mitten im März 2020 erfuhren wir erst kurz vor dem mittäglichen Schulschluss, dass die Osterferien nun direkt starten und damit verlängert werden. Einfach mal eben so. Die Eltern machen das schon, weil es ja nun einmal sein muss. Als Eltern steht man da von jetzt auf gleich vor einem ziemlich großen Problem, mich als Alleinerziehende mit zwei Grundschulkindern hat es kurz den Boden unter den Füßen weggezogen – bis ich mich gesammelt hatte und versuchte, lösungsorientiert an die Sache heranzugehen: alle Möglichkeiten ausloten, Pläne machen, mit dem Arbeitgeber bzgl. HomeOffice sprechen. Es musste ja alles irgendwie funktionieren. Zu dem Zeitpunkt ging es noch um vier Wochen. Ein überschaubarer Zeitraum, den man schon irgendwie wuppt. So habe ich es schnell als Mutter gelernt: Es findet sich schon eine Lösung und ein Weg, einfach erstmal machen. 

So kam es, dass ich im ersten Lockdown ein Interview gab, in dem ich zwar durchaus auf die Schwierigkeiten als (in meinem Fall) alleinerziehende Mutter hinwies, aber noch recht gelassen war: Es ist alternativlos, da müssen wir jetzt halt durch, also durchhalten, einfach durchhalten. Das Interview findet Ihr hier: https://youtu.be/56Zdy1u4tSwIch beneide die Frau, die ich da sehe. Ich war noch so voller Energie, voller Mut und Zuversicht. Schließlich habe ich bisher doch immer alles irgendwie hinbekommen. Ich wusste, es wird hart – aber ich hatte keine Ahnung, was die nächsten Monate auf mich zukommen würde. Nach dem verlängerten Osterferien wurde nichts mehr wieder normal. Es wechseln sich seither komplettes HomeSchooling, was mittlerweile den Namen Szenario C trägt, mit Wechselunterricht, dem sogenannten Szenario B, ab. In unserem Fall heißt das für die Grundschule hier, dass es jeden zweiten Tag in die Schule geht, mit halber Klassenstärke. Also eine Woche Montag, Mittwoch, Freitag und die andere dann Dienstag und Donnerstag.

Nur eine Handvoll Tage mit Normalunterricht

Zum ersten Mal in 2020 hatte ich das Gefühl, meinen Terminkalender zu brauchen. Ich trage mir seither alle Schultage akribisch ein, checke immer wieder, ob nun am nächsten Tag Schule ist oder nicht, verliere zwischenzeitlich komplett das Gefühl für Raum und Zeit und vor allem den Überblick. Anstrengend ist es auch, die Kinder jeden zweiten Tag passend fertig und aus dem Haus zu bekommen.  Die Tage, wo in der Schule Ganztag stattfand, kann ich an einer Hand abzählen. Auch da war es kein normaler Schulalltag. Die Kinder blieben im Klassenverband, um mögliche Infektionsketten klein zu halten. Es fanden keine AGs statt, der Schulalltag war sehr eingeschränkt. Doch sie hatten ihre Freunde tagtäglich um sich, konnten sich mit Gleichaltrigen austauschen und waren in dieser Zeit einigermaßen ausgeglichen.

Doch bald folgte wieder Szenario C: Coronafall an der Schule. Die Quarantäne blieb uns bei beiden Malen, wo dies vorkam, erspart. Es waren andere Klassen und aufgrund dessen, dass keine Vermischung stattgefunden hatte, musste nur die jeweils betroffene Klasse in Quarantäne.  Täglich mache ich mich bangend auf die Suche, was nun als nächstes kommt. Planungssicherheit gibt es ja nicht einmal für die laufende Woche. Zudem stand ewig im Raum, wie es denn nun mit den Weihnachtsferien laufen würde. Erst hieß es, sie würden nicht früher starten, plötzlich doch und dann sollte man die Kinder auch noch eine Woche früher nach Hause und ins HomeSchooling holen.  

Was sich viele Eltern als Paar ein wenig aufteilen können, lastet die ganze Zeit allein auf mir. Ich lebe seit anderthalb Jahren vom Vater der Kinder getrennt, die Kinder sind bei mir. Für den Elternteil, der die Kinder nicht dauerhaft bei sich hat, bedeutet dies, dass er ein Umgangsrecht, aber keine -pflicht hat. Ich war und bin also auf seinen guten Willen angewiesen, hier mit einzuspringen, denn außer an den wenigen Tagen, wo die Kinder Ganztag hatten, war es mir so keinen einzigen Tag möglich, meine volle Stundenzahl zu arbeiten, geschweige denn ins Büro zu fahren. Da er die Kinder zu jedem zweiten Wochenende auch noch einmal wöchentlich nimmt, forderte ich dies nun auch für die jetzige Zeit ein. Holte er sie sonst nachmittags nach dem Ganztag von der Schule ab und brachte sie morgen wieder hin, hieß das jetzt für ihn, sie hier nachmittags abzuholen und am folgenden Vormittag entweder zu beschulen oder sie morgens zur Schule zu fahren und mittags wieder abzuholen. Diesen Tag nutzte und nutze ich, einmal in der Woche im Büro arbeiten zu können, um im Anschluss die Kinder bei ihm wieder abzuholen. 

Ein Tag, ein einziger Tag in der Woche, wo ich in Ruhe arbeiten kann, wo ich mich nur auf meinen Job konzentrieren und in einem Schwung meine Arbeitszeit durchziehen kann. 

Blicke ich auf die übrigen vier Tage der Woche, kämpfe ich mittlerweile nur noch mit den Tränen. Gerade in den Wochen oder an den einzelnen Tagen mit HomeSchooling ist das Abarbeiten der Aufgaben der Kinder vorherrschendes Thema. Ich takte den Vormittag für die beiden komplett durch, stelle Timer für Schulstunden und Pausen, sehe zu, dass sie ihre Schularbeiten möglichst bis mittags schaffen. Denn auch das passierte schon, dass ich aufgrund von Videokonferenzen die Aufgaben der Kinder auf später am Tag verschob und alles in einem großen Drama endete, da sie sich nachmittags einfach nicht mehr richtig konzentrieren und motivieren können.  

Ich glaube, wir haben mittlerweile die für uns bestmögliche Lösung gefunden, wenn es um das Lernen zuhause geht: Nach dem Frühstück bespreche ich mit jeder ihre Aufgaben und dann wird der erste Timer für 45 Minuten gestellt. In dieser „Schulstunde“ sollen sie alles soweit erledigen, wie sie es alleine können und mit Fragen möglichst bis zum Ende dieser Einheit warten. Das klappt auch in 75% der Fälle, doch manchmal kommen sie ohne eine Zwischenfrage nicht weiter. Dann unterbreche ich meine kleine 45minütige Arbeitseinheit, bin im Zweifel bei einem Thema raus, welches ich dann später komplett von vorne beginnen muss – und gebe erstmal die benötigte Hilfestellung oder Erklärung. So schaffen wir es aber meistens, dass die beiden mittags fertig sind.

„Die Kinder leiden“

Ich bin es spätestens zu dem Zeitpunkt auch schon – kräftemäßig und innerlich, aber längst nicht mit meiner Arbeit. Ich selbst habe bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich viel geschafft und es muss dann ja auch alsbald Essen auf den Tisch… und der Einkauf… und der Haushalt… Ich sehe nur noch Aufgaben um mich herum, die einfach nicht zu bewältigen sind, die zeitlich nicht machbar sind… Und dazu die beiden Kinder, die dann zwar mit ihren Aufgaben fertig sind, die nun aber in einer Wohnung hocken mit einer Mama, die arbeiten muss, die dringend mal was im Haushalt schaffen muss… die einfach nie mehr wirklich Zeit hat. 

 Und die Kinder leiden. Und wie. Die soziale Isolation ist ihnen so schmerzhaft anzusehen. Hat die Große noch Kontakt zu einer Freundin, mit der sie eh ohne Maske in einem Klassenraum sitzt, dürfen sich die Freundinnen der Kleinen gar nicht mehr verabreden – auch diese eine Freundin nicht, die ebenfalls in der Klasse ohne Abstand und Maske neben meiner sitzt. Ich akzeptiere das, weil jeder auf seine Weise bestmöglich versucht, mit dieser Pandemie umzugehen. Und ich bin dann einfach froh, um die vereinzelten Tage, wo sie zumindest in der Schule ein wenig Kontakt zu Gleichaltrigen haben, etwas Austausch, etwas Abwechslung. 

Das Jahr startete wieder mit kompletten HomeSchooling und tatsächlich hätte ich mir nicht vorstellen können, dass in all den Monaten kaum etwas voran ging in der Digitalisierung des Unterrichts. Der einzige zu verzeichnete Fortschritt ist in unserem Fall, dass via Microsoft Teams ca. eine Stunde Online Unterricht via Videokonferenz stattfindet, wenn die Kinder im Szenario C sind. Doch auch das brachte die nächste Hürde mit sich: Wenn die Kinder gleichzeitig Teams-Sitzung haben, fehlt es mir hier an genügend Endgeräten.

Wenn nicht genügend Endgeräte für den Unterricht da sind

Anfänglich hieß die Lösung, dass die Große auf dem Smartphone, also mit Mini-Bildschirm, den Online-Unterricht bestreiten musste und die Kleine an meinem Arbeitslaptop, was wiederum für mich hieß, in der Zeit definitiv gar nicht arbeiten zu können. Hier bin ich der Lehrerin der Kleinen sehr dankbar, dass sie sofort handelte und uns ein Leih-iPad von der Schule besorgte. Dass es diese Möglichkeit gibt, war mir gar nicht bekannt. Und tatsächlich sind wir eigentlich gar nicht berechtigt, weil diese für Familien mit BuT-Schein (Bildung und Teilhabe:  https://familienportal.de/familienportal/familienleistungen/bildung-und-teilhabe) vorgesehen sind.

Ich bekam es dennoch ausgehändigt – so lange es nicht für eine berechtigte(re) Familie benötigt wird. So fühle ich mich mit dieser Unterstützung nicht wirklich wohl: ich bin darauf angewiesen, aber nicht berechtigt. Ich bin irgendwo in einer Grauzone, wo ich es nicht leisten kann, alles mal eben zur Verfügung zu stellen, es aber müsste. Warum werden da Menschen wie ich wieder übersehen? Online-Unterricht hin oder her, der Großteil des HomeSchoolings bleibt das Abarbeiten von Arbeitsblättern und Arbeitsblättern und Arbeitsblättern. Eine Lernweise, die mit dem heutigen vielfältigen Unterricht in einer Grundschule nichts zu tun hat. Zu verständlich, dass gerade die Zweitklässlerin zwischendurch komplett dicht macht. Zu eindrucksvoll war es für mich, dass sie in der HomeSchooling-Woche plötzlich nicht mehr wusste, wieviel zehn minus zwei ist, in der Folgewoche nach einem Tag in der Schule jedoch in Sekundenschnelle zweistellige Zahlen problemlos addierte.  

„Ich bin nur noch die Mama, die mit ihrer Kraft am Ende ist“

Ich weiß derzeit nicht, wie das alles für uns weitergeht. Ich weiß nur, dass meine Kinder unter der Pandemie und all den einhergehenden Einschränkungen extrem leiden. Zu allem Überfluss kann ich aufgrund der Mehrfachbelastung derzeit nicht die Mutter für sie sein, die ich eigentlich bin und weiterhin für sie sein möchte. Ich bin nur noch die Mama, die mit ihrer Kraft und ihren Nerven am Ende ist, die sich oft versteckt, um zu weinen, die fast nie Zeit hat und immer nur unter Strom steht, die total übermüdet ist, weil sie das Gedankenkarussel nicht mehr schlafen lässt… und die sich noch nie so sehr im Stich gelassen gefühlt hat wie jetzt.

 Denn was wird uns Eltern denn als wirkliche Hilfe angeboten? Dass wir im HomeOffice arbeiten können? – Können wir nicht, wenn wir gleichzeitig unsere Kinder beschulen.Dass wir pro Elternteil und Kind 20 Tage „Kinderkrankengeld bei pandemiebedingter Betreuung des Kindes“ nehmen können? – Ich also als Alleinerziehende 80 Tage für meine beiden Kinder? Kann ich nicht – weder jobseitig noch finanziell. Dass wir als Eltern selber entscheiden können, ob wir die Kinder, wann immer es geht, in die Schule schicken oder nicht? – Damit wird die Verantwortung bei den Eltern abgeladen, die sich vor dem Arbeitgeber rechtfertigen müssen, nutzen sie nicht alle Möglichkeiten der Kinderbetreuung. Die Notbetreuung? – Bringt mir hier nichts. Denn dort werden die Kinder nur beaufsichtigt und nicht beschult. Zudem geht diese nur bis mittags, was für mich heißt, dennoch nicht ins Büro fahren zu können. Und dann hole ich mittags zwei Kinder ab, die im Zweifel noch viele ihrer Schularbeiten erledigen müssen – nachmittags, wo Konzentration und Motivation fehlt. 

Meine Kraft ist am Ende. Ich kann mich nicht aufteilen, wie ich es müsste. Und letztendlich heißt dies, dass ich es gerade keinem mehr Recht machen kann, bei allen Bemühungen im Dauerfeuer der Kritik stehe und mich selbst dabei am meisten vergesse und vernachlässige(n muss).  Aber wie sagte ich im letzten Jahr in dem Interview: Es muss halt funktionieren, da es alternativlos ist. Ich muss da durch. …und warum ist das so? Weil Eltern keine Lobby haben – und Alleinerziehende erst recht nicht. Bleibt mir nur, Euch allen da draußen viel Kraft und Mut zu schicken. Bleibt gesund! Eure schnuppismama

Lieben Dank für Deine Worte! Das Beispiel zeigt, wie schwierig die Situation für uns Eltern momentan ist – und wie verzwickt es ist, eine Lösung zu finden. Und es zeigt, wie kräfteraubend das alles für uns ist, zu Lasten unserer Kinder.

Mehr Tipps für Auszeiten und Burnout-Prävention gibt es in meinem Buch: „Die Kunst, keine perfekte Mutter zu sein„.

Kennt Ihr eigentlich schon mein Kochbuch? „Das Familienkochbuch für nicht perfekte Mütter“ – dort findet Ihr mehr als 80 Rezepte – unkompliziert nachzukochen und zu backen!

Kennt Ihr auch  meine anderen Bücher?

 „Afterwork Familie: Wie du mit wenig Zeit dich und deine Familie glücklich machst.“
  Die Kunst, keine perfekte Mutter zu sein: Das Selbsthilfebuch für gerade noch nicht ausgebrannte Mütter 

Willkommen Geschwisterchen: Entspannte Eltern und glückliche Kinder.“

Und mein Kinderbuch: Der Blaubeerwichtel

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