Wie es uns gelingt, uns in all den Anforderungen an uns nicht zu verlieren: Gastbeitrag von Lisa von Stadtlandmama

Ihr kennt sicher den famosen Blog stadtlandmama?! Und dass die beiden Autorinnen dahinter, Lisa und Katharina, nicht nur tolle Frauen sind, sondern auch das Buch „Wow Mom: Der Mutmacher fürs erste Jahr mit Kind“ geschrieben haben, das ich hier vorgestellt hatte, wisst Ihr sicher auch? Dann habe ich gute Nachrichten für Euch: Es gibt ein neues Buch von Lisa und Katharina. Wow Mom Teil 2, wenn man so will. Es heißt „Wow Mom: Der Mutmacher für mehr ich in dem Wir“ und ist sogar noch besser geworden als der erste Band, finde ich! Wie es zu dem Buch kam und wieso es so wichtig ist, das „ich“ in dem all dem „wir“ nicht zu verlieren, schreibt mir Lisa in einem Gastbeitrag, über den ich mich riesig freue. Schon allein wegen meines Lieblingssatzes „Wie lange hatte ICH mich in einem WIR aufgelöst, mich gab ́s ja noch!“ lesenswert, Buch und Gastartikel, aber lest ihn selbst in voller Länge:

“ Es war diese eine Woche, die mir zeigte, was ich wirklich gerade brauchte, die mich wachküsste aus dem Dornröschenschlaf meines Alltags- Hamsterrades. Mein Aha-Moment, mein Schritt zurück zu mir. Zu dem Teil, der durch Job und Kinder und Freizeitstress in den letzten Jahren nicht so viel Aufmerksamkeit bekam. Der brachlag, aber nicht weg war, der einfach wiederbelebt werden wollte. Einmal im Jahr feiern wir Rheinländer an mehreren Tagen hintereinander den Straßenkarneval und nachdem sich mein Mann bereits am ersten Tag des jecken Wahnsinns erkältet hatte, meinte er, er müsse leider passen. Ich könne aber gern in den nächsten Tagen weiterfeiern, Urlaub hätte ich mir ja eh genommen, er würde auch die Kinder nehmen, kein Thema …

Lisa Harmann (links) und Katharina Nachtsheim machen Müttern Mut!

Fünf Tage Freiheit. Fünf Tage treiben lassen ohne Verantwortung, flexibel sein, nicht schauen, wer gerade Hunger hat, keine wütende Chefin besänftigen, nicht räumen zu Hause, selbstbestimmt sein, Gespräche führen, die nicht unterbrochen werden, Pommes essen ohne auf den Bodymass-Index zu schauen, einfach loslegen und machen, was ich wollte und wann ich wollte und wie ich wollte. Ich tanzte und sang und hatte meine FreundInnen im Arm – und musste mich um sonst nichts kümmern.

Danach dachte ich: Okay, so wenig Schlaf (!) und so viel Energie… DAS ist es also, was du ab und zu brauchst. Ich hatte ja ganz vergessen, wie das geht, mal nur an sich selbst zu denken! Da war er plötzlich wieder. Der Teil in mir, der mich unendlich glücklich machte. Der mich rausholte aus dem Versorgermodus, raus aus dem Druck, immer produktiv sein zu müssen. Ich konnte mich komplett drauf einlassen. Meine Arbeit würde auch ein paar Tage ohne mich auskommen, die Kinder wusste ich in guten Händen. Das ist jetzt meine Zeit, die ich komplett so gestalten kann, wie ich das möchte. Bei mir war es tatsächlich dieses erweckende Aha-Erlebnis, die Kombination aus Tanzen und Singen und Freunde treffen, die mir so guttat und zeigte, welch hohen Stellenwert auch dieser Part in meinem Leben hat.

Bei anderen ist es vielleicht ein schleichender Prozess. Wenn wir Dinge ausprobieren, uns Sachen trauen, wenn wir genau hinschauen, was uns guttut, sobald wieder Lücken in unserem Leben entstehen, dann lasst uns zugreifen!

Wow, war ich überrascht, dass es auch noch die pure Version meiner Selbst gibt, ganz fern vom Alltagskorsett. Wow, konnte ich meine selbstkritische Art in diesem Moment ablegen, weil ich endlich mal tat, was keinem Zweck diente, was zu nichts führte, was nicht bewertet wurde. Wow, zeigte mir das, wie sehr ich im Alltag gefordert und ja, manchmal auch überfordert bin. Wie lange hatte ICH mich in einem WIR aufgelöst, mich gab ́s ja noch! Und wow, machte mich das auch neugierig. Was war von der alten unbeschwerten Frau noch übrig, was hatte ich dazu gelernt, wie konnte ich all das zu der besten Version meiner Selbst zusammenformen.

Es braucht natürlich kein Karneval, um zu erkennen, wie wichtig wir selbst sein sollten und dass ein voller Terminkalender noch lange kein erfülltes Leben bedeutet, wie es Kurt Tucholsky einst so schön formulierte. Die eine findet Erfüllung im Sport, die andere in Reisen allein, wieder andere in heimlichen Flirts, in durchgemachten Partynächten oder beim Stricken. So unterschiedlich wir uns sind, so unterschiedlich sind auch unsere Bedürfnisse, wenn es mal nur um uns selbst und nicht um den Rest der Welt geht.

Es ist an der Zeit, dass wir Frauen auch einfach mal egoistisch werden. Und zwar im positivsten Sinne. Nicht auf dem Rücken anderer, sondern zu unserem eigenen Wohl. Und wenn das wie bei Sonja in unserem Buch „Wow Mom – der Mama- Mutmacher für mehr Ich in all dem Wir “ bedeutet, dass sie sich von ihrem Mann trennt, um sich mal wieder frei zu fühlen. Oder wenn das bei Alina heißt, dass sie erst durch die Geburten ihrer Kinder Frieden mit ihrem Körper schließen konnte. Oder wenn das wir bei Laura Karasek bedeutet, sich freizumachen von den Klischees, wie eine Frau, die auch noch Juristin ist, sein sollte.

Lasst uns die Erschöpfung in unserem Leben ernst nehmen und etwas ändern, denn wenn die Hose nicht passt, ist die Hose falsch, nicht wir! Lasst uns einander zugestehen, dass wir uns vielleicht manchmal in unser altes Leben zurücksehen, lasst uns die Enttäuschung über Dinge, die anders laufen als gedacht, nicht übersehen, sondern anschauen. Und akzeptieren. Kein Leben verläuft geradlinig und nach Plan. Alle haben ihre Päckchen zu tragen. In jeder Frau steckt so viel mehr als wir sehen! Und mal ganz ehrlich: Schaffen wir nicht jeden Tag mehr als wir vermasseln? Ist es nicht okay, uns auch mal nicht okay zu fühlen?

Wir haben jetzt genau das richtige Alter, sagte neulich eine Freundin, wir müssen nur noch rausfinden, wofür. Und das trifft doch ganz wunderbar den Kern. Lasst uns unser Leben nicht an uns und unseren Bedürfnissen vorbeileben, sondern genau hinschauen, was uns guttut und weiterbringt und glücklich macht. Lasst uns mal selbst ein paar Fragen stellen: Was will ich? Was will ich? Was will ich ? Ist mir die aufgeräumte Wohnung für MICH wichtig oder für die anderen? Sind Schminke und Frisur für MICH wichtig oder für die anderen? Es ist UNSER Leben. Lasst es uns auch für uns und zu unserem Besten leben. Und das heißt nicht, dass wir dadurch weniger Zeit für andere hätten oder nur noch um uns selbst kreisen. Es heißt viel mehr, dass wir näher an die Basis rücken, um mehr Liebe und Energie für all das da draußen zu haben. Wir sortieren die Akkufresser aus unserem Leben aus, um uns auf das Wichtige zu konzentrieren. Nach der Marie Kondo-Methode. Nur innerlich.

Und dann sehen wir auch wieder, wie liebevoll wir sein können. Wie reich wir wären, wenn uns jemand für jede Kritik an uns einen Euro geben würde. Wie beruhigend sich das anfühlt, nicht dauernd das Gefühl zu haben, dass auffliegt, was wir alles nicht können. Wie wertvoll wir auch für andere sind, was uns wahre Freundschaft bedeutet. Nicht, indem wir plötzlich fehlerlos werden, sondern indem wir die Kraft haben, uns Fehler zuzugestehen, sie zuzugeben und gegebenenfalls wieder geradezurücken, uns zu entschuldigen. Wenn wir uns selbst lieber mögen, sind wir auch weniger zerrissen, weniger gereizt, können mehr Stärke zeigen und Sehnsüchte aushalten. Denn all das gehört zur Reise auf dem Weg zurück zu uns selbst dazu. Zu unserem Ankommen. Bei uns selbst. Und zwar durch mehr Ich in all dem Wir.“

Danke, liebe Lisa, für diese wunderbaren Zeilen und das Wachrütteln. Denn es ist wirklich Zeit für mehr ich in diesem ganzen Wir. Viele Mütter mussten durch Corona über ihre Kräfte hinausgehen. Meine Bloggerkolleginnen Katharina Nachtsheim und Lisa Harmann, die selbst jeweils drei Kinder haben, wollten vor allem zeigen, dass jetzt die Frauen mal wieder dran sind! Sie hatten dabei nicht nur Unterstützung von vielen Fachfrauen, sondern auch von Promis wie Ildikó von Kürthy, Laura Karasek oder Jasmin Gerat. Ein klasse Buch, Mut machend, nachdenklich, auch mal lustig, mal traurig, gefühlvoll wie das Leben halt, wunderschön geschrieben – Leseempfehlung von Herzen!

Lisa Harmann/Katharina Nachtsheim: WOW MOM: Der Mama-Mutmacher für mehr Ich in all dem Wir. Krüger. 16,99 Euro

Ein Kommentar zu “Wie es uns gelingt, uns in all den Anforderungen an uns nicht zu verlieren: Gastbeitrag von Lisa von Stadtlandmama

  1. Schön, dass die Autorin noch rechtzeitig zurück zu sich selbst gefunden hat. Ich musste dazu leider in diesem Sommer erst zusammenbrechen und mich Schritt für Schritt wieder zurück ins Leben, raus aus der Depression, kämpfen. Seitdem arbeite ich Tag für Tag hart an mir und möchte Mütter auf dem Blog Natürlich glücklich dafür seensibilisieren, sich selbst und die eigenen Bedürfnisse nicht zu vergessen. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich für euch einen Gastbeitrag über meine Erlebnisse schreiben dürfte.
    Ganz liebe Grüße aus Südtirol

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