Bei uns hat heute die Schule wieder begonnen. Immerhin Mitte letzter Woche gab es vom Bildungsministerium ein Konzept, wie das nun abläuft mit den Kohorten und der Maskenpflicht. Der Reihe nach werden nun die einzelnen Bundesländer wieder den Unterricht aufnehmen – und die Medien sind (richtigerweise) voll mit Diskussionen darüber, welche Maßnahmen es bedarf, damit unsere Kinder sicher zur Schule gehen können. Klar ist: Es muss so viel geregelte Unterricht wie möglich statt finden. Noch mehr Homeschooling können weder wir Eltern noch die Kinder stemmen. Dennoch geht es nicht nur darum, auf Teufel komm raus normalen Unterricht zu veranstalten – gleichzeitig soll auch die Gesundheit unserer Kinder (und die der Lehrer und die von uns Eltern) geschützt werden. Die Gesundheit sollte das oberste Ziel sein, weshalb ich auch nicht mit der Maskenpflicht hadere. Bei uns gilt sie in den Schulfluren, aber meine Kinder tragen sie freiwillig auch im Klassenzimmer. Soweit, so gut, so viel Diskussion um den Schulbeginn. Aber: Ich habe bisher keinen Kommentar in den Medien gelesen, in dem es um sichere Kindergartenkonzepte ging. Erst heute gab es eine Stellungnahme vom Familienministerium dazu – wo es darum geht, dass erst einmal Studien gemacht werden sollen. Hat man die Kindergarteneltern vorher einfach vergessen?!
Klar. Es gibt eine Schulpflicht. Klar, es geht darum, dass die Schulkinder keine Wissenslücken bekommen, dass sie den Lehrplan schaffen, dass schwache Schüler nicht beim Homeschooling auf der Strecke bleiben. Aber: Auch Kindergartenkinder brauchen ihre Freunde. Vorschulkinder brauchen die Schulvorbereitung, gerade die Kinder aus Familien, wo zuhause keine Vorbereitung in diese Richtung stattfindet. Und: Auch Kindergarteneltern müssen wieder arbeiten! Es wird viel darüber diskutiert, wie belastend der Homeschooling-Homeoffice-Spagat für die Eltern war. Aber: Mindestens genauso belastend, wenn nicht sogar belastender war der Spagat aus Kleinkind/Kindergartenkind-Betreuung und Homeoffice! Der Unterschied: Schulkinder können sich schon gut selbst beschäftigen. Kleinkinder und Kindergartenkinder eher semigut. Um nicht zu sagen: Gar nicht. Je nach Alter.
Meine Kinder sind 2, 6 und 9 – ein Krippenkind, ein Vorschulkind (ab Mittwoch Schulkind) und ein Grundschulkind (jetzt vierte Klasse), ich habe die ganze Alterspalette hier zuhause, ich habe den Vergleich, glaubt mir, ich weiß, wovon ich spreche…
Kinderlose Menschen stellen es sich vielleicht so einfach vor: Das Kind spielt friedlich vor sich hin, während die Eltern an ihrem Schreibtisch sitzen und konzentriert arbeiten und in ihre Arbeitskollegen in Zoommeetings treffen. Eine Familienidylle! Vielleicht muss die Mama ab und zu aufstehen und eine Windel wechseln oder der Papa mal Mittagessen machen. Aber ansonsten klappt das doch wunderbar mit dem Homeoffice und der Kinderbetreuung!
Haha.
Sagt das mal einer Zweijährigen! Die noch dazu keinen Mittagsschlaf mehr hält! Dass sie jetzt gefälligst vier Stunden für sich selbst spielt und malt, bis es Mittagessen gibt und danach noch mal eine Stunde mal und spielt, bis die Mutter ihr Zoommeeting beendet hat.
Eben.
Die Zeitspanne, in der sich kleine Kinder selbst beschäftigen können, umfasst keine fünf Stunden, keine vier Stunden und nein, auch keine drei Stunden. Nein. Auch keine zwei Stunden. Meist nicht mal eine Stunde. Je nach Alter, versteht sich. (übrigens gelingt es auch den wenigsten Grundschülern, sich mehrere Stunden am Stück selbst zu beschäftigen, zumindest den jüngeren Jahrgängen)
Und weil Kleinkinder und Kindergartenkinder eben so fordernd sind (und es ist ihr gutes Recht! Es hat nichts mit Erziehung oder Verwöhnen zu tun – es liegt schlicht in der Natur des Kindes!) , eben deshalb müssen wir im öffentlichen Diskurs genauso wie über die Schule auch über Kindergartenkonzepte diskutieren. Auch wenn Kindergartenkinder keinen Lernstoff verpassen und es nicht um Versetzung und Schulabschlüsse geht: Auch wir Kindergarteneltern brauchen die Entlastung. Das ungestörte Arbeiten. Gerade wir. Denn wie erwähnt: Es ist ganz einfach unmöglich, konzentriert zu arbeiten und gleichzeitig auf ein Kleinkind oder Kindergartenkind aufzupassen. Es ist ganz einfach unmöglich, konzentriert zu arbeiten und gleichzeitig auf ein Kleinkind oder Kindergartenkind aufzupassen.
Außer: Man pflanzt die Kinder vor den Fernseher.
Was, das gebe ich offen zu, bei mir in den vergangenen Monaten oft genug die Notlösung war. Wenn es einfach nicht anders ging. Wie bei vielen anderen Familien auch.
Aber es kann eben nur eine Notlösung sein und keine Dauerlösung. Schon gar nicht über Monate hinweg.
Was für eine Generation Kinder wird denn das, wenn sie ein Jahr ihres Lebens mit stundenlangem Fernsehen aufwachsen? Ohne andere Kinder zum Spielen? Oder Input von außen? Dafür mit ständig gereizten, überlasteten Eltern, die permanent das Gefühl haben nichts und niemanden gerecht zu werden?! Eltern, die kurz vorm Ausbrennen stehen?
Eben.
Unser Kindergarten und unsere Stadt sind in der Hinsicht sehr engagiert, wir Eltern werden gut informiert und es wurden sich viele gute Gedanken gemacht und Konzepte umgesetzt. Aber in der Öffentlichkeit geht es seit Wochen nur um Schulen. Als seien Kindergärten unsichtbar. Deshalb wünsche ich mir schlüssige Konzepte, die über Lüften hinaus gehen, wie der Kindergarten – und Krippenbetrieb sicher gestaltet werden kann. So, dass unsere Kinder, die Erzieher und wir Eltern gesund bleiben. So, dass Kindergartenschließungen vermieden werden können. So, dass wir Eltern nicht mehr alles gleichzeitig machen müssen. Sondern erst unserer Arbeit nachgehen können -konzentriert – und dann für den Rest des Tages voll für unsere Kinder da seien können. Denn das ist es, was wir Eltern dringend benötigen. Diesen Spagat, den haben wir lange genug durchgehalten. Aber irgendwann geht es nicht mehr. Und wenn ich sehe, wie sehr sich meine Tochter nach fünf Monaten wieder auf den Kindergarten gefreut hat, dann wird mir klar, dass es auch für sie eine belastende Zeit war. Dass auch ihr etwas fehlte.
Ich wünsche mir, dass öffentlich nicht nur über Schulen diskutiert wird, sondern endlich auch über Kindergärten. Über Kinder und uns Eltern. Über die Familie als Ganzes. Damit niemand auf der Strecke bleibt. Und so gut es geht gesund bleibt.
Übrigens: Ich finde, unserem Staat sollte unsere Familiengesundheit nicht zu teuer sein. Es gibt nämlich gute Lüftungssystem und Luftwäscher, die helfen, die Luft im Klassenzimmer und Kindergarten-Gruppenraum sauber zu halten. Sie kosten halt. Ist es nicht traurig, dass wir Familien diese Investitionen nicht wert sind? Es sollte doch eigentlich selbstverständlich sein.
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Unsere Kita hat als Konzept „alles wie vor Corona“….100 Kinder, offenes Konzept, alle dürfen wieder durcheinander wuseln.
Auch nicht wirklich überzeugend, weshalb unsere Jungs wohl auch noch nicht gehen werden, bis ihre Schwester im September sicher auf die Welt gekommen ist :-( Die 5 Wochen kriegen wir jetzt auch noch rum.
Hier in RLP überlässt man das Konzept völlig dem Träger, und der überlässt es dann meist der Leitung. Je nachdem wie engagiert die sind, sieht dann die Lösung aus. Und am einfachsten ist halt „alles wie immer“. Ich weiß auch von Kitas, die spontan kleinere Waldgruppen aus dem Boden gestampft haben, das find ich total spitze und bin sehr neidisch.
Hallo Nathalie,
bei uns in Schleswig-Holstein läuft schon seit Juni wieder der normale Kitabetrieb.
Mich-selbst Erzieherin in einer Kita- ärgert es aber auch ziemlich, dass über Kitas aktuell kaum gesprochen wird! Für Schulen werden Sicherheitskonzepte (als Schutz für Kinder und Lehrer) entwickelt und für Kita-Kinder und Erzieherinnen gibt es keinerlei Schutzkinzepte… Finde ich persönlich (mit Kleinkind und Partner, der zur Risikogruppe gehört) sehr schwierig…
LG, Anna
Hallo,
der Beitrag trifft es so ziemlich auf den Punkt! Ich bin so froh, dass ich selber noch in Elternzeit bin. Denn mit meinen zwei kleinen Kindern wäre Homeoffice so nicht möglich gewesen.
Mein Respekt an alle Eltern, die das die letzten Monate so durchgestanden haben.
Gruß
Hallo Nathalie,
nein, die Kindergarten-Eltern hat man nicht vergessen.Hier in BW jedenfalls war die Betreuung der Kindergartenkinder noch vor den Schulkindern sichergestellt.
Dafür werden die Schüler weiterführender Schulen ignoriert. Das ist der Teil der Palette, den du mit deinen Kindern (noch) nicht abdeckst und beurteilen kannst :-)
Seit März gab es an unserem Gymnasium sage und schreibe 7 Präsenztage Unterricht.
Sicherlich kann sich ein Gymnasiast mal ein paar Stunden selbst beschäftigen. Leider heißt das nicht, dass er dann den Stundenplan selbständig durchackert. Auch hier ist viel Engagement und Unterstützung der Eltern gefragt.
Viele Grüße
Kati
Dieser Föderalismus ist echt hinderlich, oder? Hier waren die weiterführenden Schulen gut abgedeckt. Mich stört aber auch der öffentliche Diskurs: In dem geht es nur um Schulen, Kitas werden kaum berücksichtigt.