Die Urlaubszeit naht und auch wenn das Reisen in Zeiten von Corona anders aussieht als sonst, finde ich gute Reiseliteratur immer unglaublich inspirierend! Gabriela von Mami-bloggt.de hat ein neues Buch mit dem famosen Titel „Wenn ich groß bin, werd ich auch ein Machu Picchu“ geschrieben, das nicht nur Lust aufs Reisen macht, sondern auch voller praktischer Tipps für das Reisen mit Kindern und auch mit dem Baby ist. Wenn es eine Expertin fürs Reisen mit Kind gibt, dann ist es Gabriela – denn sie reist ungefähr die Hälfe des Jahres alleine mit ihrem Sohn durch die Welt. Ich habe sie nach ihren besten Tipps für das Reisen mit Kindern gefragt, danach, was man beachten muss, was die größten Fallen sind, wie man den Hintern hochbekommt und die eigenen Zweifel überwindet – und was im Gepäck nicht fehlen darf und wie man Kinder auf langen Flügen, Bahnfahrten oder Autofahrten beschäftigt.
Was waren die größten Zweifel, die du vor eurer ersten großen Reise hattest?
Gabriela: Meine erste große Reise mit meinem Baby ging nach Bali, wo mein Mann und ich unsere gemeinsame Elternzeit verbracht haben. Damals war mein Sohn 7 Monate alt. Kopfmäßig war ich vorher ganz schön am Rotieren, denn nicht nur beide Omas, sondern auch einige Bekannte haben uns ziemlich skeptisch beäugt, als wir ihnen von unseren Reiseplänen erzählt hatten. Obwohl ich selber vorher sehr reiseerfahren war, hat mich dieses Unverständnis der Anderen ganz schön ins Wanken gebracht. Denn eine Fernreise mit einem Baby war ja auch für mich damals extremes Neuland. Vor unserem Abflug kreisten gefühlt 1.000 Fragen in meinem Kopf herum: Was würden wir tun, wenn unser Sohn krank werden würde? Wenn irgendetwas nicht nach Plan läuft? Habe ich wirklich an alles gedacht? Und überhaupt, waren wir als Eltern dem Reisevorhaben gewachsen?
Mir persönlich fiel es damals sehr schwer, mich im Kopf nicht verrückt zu machen und auf das neue Reiseabenteuer einzulassen.
Und wie haben sich diese Zweifel zerstreut?
Gabriela: Indem ich einfach in den Flieger nach Indonesien stieg. Denn in dem Moment merkte ich, dass ich in puncto Vorbereitungen nichts mehr tun konnte und dass es am besten war, mich jetzt endlich aufs Abenteuer einzulassen und mich vor allem zu freuen, dass wir so eine besondere Familienzeit in exotischen Gefilden vor uns hatten.
Hast du Tipps für die besten „Anfängerreiseziele“ für eine Fernreise mit Kleinkind oder Baby?
Gabriela: Ja. In diesem Artikel habe ich über die 11 beliebtesten Fern-Reiseziele mit Kindern die sich insbesondere für nicht so reiseerfahrene Eltern eignen, geschrieben. Allgemein würde ich sagen, dass sich in Asien vor allem Bali und Thailand gut eignen. Aber auch Costa Rica und Südafrika sind bei Familien sehr beliebt. Mein persönlicher Favorit, obwohl es keine Fernreiseziel ist, ist ein Familienurlaub in Georgien.
Das Wichtigste: Dass sich alle wohlfühlen mit dem Reiseziel
Von welchen Zielen würdest du abraten?
Gabriela: Wenn man mit Babys oder Kleinkindern verreisen möchte, dann würde ich persönlich von hohen Bergen, also zum Beispiel das Andengebiet in Ecuador, Peru oder Bolivien abraten, da die Höhe sich oft kritisch auf die Gesundheit auswirken kann. Vor allem auf Kinder, die noch nicht in den Bergen waren. Außerdem würde ich auch darauf achten, dass im Land der hygienische und medizinische Standard zumindest okay ist. Allgemein pflege ich aber immer zu sagen: Es ist wichtig, dass die Eltern sich mit ihrer Entscheidung, was das Reiseziel und die Art der Reise betrifft, wohlfühlen. Wenn zum Beispiel Eltern unbedingt nach Indien oder Nepal mit ihrem Nachwuchs fahren möchten und sie bei dieser Entscheidung ein gutes Bauchgefühl haben, dann sollten sie es auch tun.
Was ist der erste Schritt bei einer Reiseplanung mit Kindern?
Gabriela: Zuerst sollte man sich bewusst für seine Reiseart entscheiden. Ob es jetzt der Pauschalurlaub auf Mallorca, ein Roadtrip durch Australien oder ein wagemutiger Backpacker-Trip mit Kind in der Trage in Kolumbien ist, muss jeder für sich entscheiden. Hauptsache die Familie fühlt sich wohl mit der Art der Reise. Die Wahl des passenden Reisezieles spielt dabei natürlich auch eine große Rolle. Wenn man diese Entscheidungen getroffen hat, dann muss man ein paar Standard-To-Dos erledigen, wie zum Beispiel Kinderarzt und/oder Tropeninstitut konsultieren, ggf. Impfungen vornehmen, Versicherungen abschließen, ggf. Visa beantragen, etc. Ich empfehle außerdem, vor einer Reise mit Checklisten zu arbeiten. Denn mit dem systematischen Abarbeiten sinkt nicht nur die Wahrscheinlichkeit, dass man etwas sehr Wichtiges vergessen hat, sondern sie verleihen einem auch emotional ein gutes Gefühl, dass man alles in der Hand hat und die Vorbereitungen mit System und einem ruhigen Kopf angeht.
Wie profitieren Kinder vom Reisen? Große und Kleine? Wie profitieren ganz kleine Kinder, die sich später nicht mehr erinnern werden?
Gabriela: Puh, über diese Frage könnte ich tatsächlich ein ganzes Buch schreiben! Denn meiner Meinung nach lernen Kindern so viele Dinge auf Reisen, die sie in dieser Intensität zuhause im eigenen Kinderzimmer nicht lernen würden. Jedes Mal, wenn mein Kind und ich wieder von einer längeren Reise zurückkehren, habe ich – aber auch unsere Familie und die Erzieher n der Kita – das Gefühl, dass mein Sohn ein großes Stück gewachsen ist. Nicht nur physisch, sondern insbesondere auf psychischer Ebene. Auf jeder Reise scheint er immense Sprünge in seiner Entwicklung, Wahrnehmung und auch seinem Selbstwertgefühl zu machen. Er lernt unterwegs, Verantwortung zu übernehmen, wie wichtig es ist, dass man als Team handelt und sich vor allem in kritischen Situationen aufeinander verlassen kann. Außerdem kann er ich durch das viele Reisen schneller in neue Situationen und fremde Umgebung einfinden, auf fremde Menschen zugehen und mit ihnen sogar Freundschaften schließen. Für ihn ist „Andersartigkeit“ völlig normal – und er weiß sehr gut, wie es sich anfühlt „selbst“ fremd zu sein.
Bei Babys kann es gut sein, dass die Entwicklungssprünge auf Reisen nicht so groß sind, wie bei den größeren. Dennoch bin ich fest davon überzeugt – obwohl sie sich später nicht mehr erinnern können –, dass sie zumindest einen prägenden Eindruck mitnehmen. Mein Sohn hat zum Beispiel noch sehr lange nach unserer Bali-Reise asiatisch aussehende Menschen angelächelt und ihnen freudig seine Hände entgegenstreckt, weil er davon ausgegangen war, dass sie ihn gleich auf den Arm nehmen werden. So wie es die Balinesen immer getan haben.
Ich fand es damals sehr faszinierend, zu beobachten, wie mein kleines Baby bereits differenzieren konnte, zwischen asiatischen und nicht asiatischen Menschen – und wie in seiner „Weltanschauung“ asiatisch aussehende Menschen ihn immer auf den Arm nahmen. In Deutschland war mein Sohn dann immer ganz enttäuscht, wenn sie es nicht taten.
Reisen schweißt die Familie zusammen
Was macht das Reisen mit uns als Familie?
Gabriela: Viel. In erster Linie verbringt man sehr viel und intensive Zeit miteinander, die man nicht ständig mit nervigen alltäglichen Aufgaben unterbrechen muss. Gemeinsam kann man sich voll und ganz aufs Familienleben fokussieren und neue Länder & Kulturen entdecken, fremden Menschen begegnen und spannende Abenteuer erleben – das schweißt extrem zusammen. Außerdem funktioniert man in der Ferne viel besser als Team, zumindest in der Regel. Denn in gewissen Phasen machen Trotzanfälle und Wutausbrüche auch im Urlaub nicht zwingend Ferien.
Gibt es einen Fehler, den man auf Reisen mit Kindern machen kann?
Gabriela: Der größte Fehler meiner Meinung nach ist, wenn man auf einer Reise zu viele Dinge in einer zu kurzen Zeit unter allen Umständen sehen und erleben möchte. Das artet viel zu schnell in extremen Stress aus, der sich wohl auf uns Erwachsene als auch auf unsere Kinder überträgt. Ich sage immer, lieber weniger Sehenswürdigkeiten sehen und sich dafür mehr Zeit für Begegnungen und den Moment lassen. Schließlich kann man auch am Fluss am Dorfrand spannende Abenteuer mit seinem Nachwuchs erleben.
Wie hat sich deine Art zu Reisen verändert, seit du mit Kind reist? Hat sich auch deine Sicht aufs Reisen, auf die Wahrnehmung der Leute und Länder verändert?
Gabriela: Im Grunde reise ich mit meinem Kind noch viel flexibler und spontaner als zuvor und oft entscheide ich erst den Abend davor, wohin es als nächstes geht. Mit Kindern auf Reisen ist es extrem wichtig, dass alle sich wohlfühlen – und das Wohlfühlen kann man meiner Meinung nach nicht im Voraus planen. Fühlen wir uns in der Unterkunft wohl? Wie ist das Wetter? Fühlen wir uns am Ort wohl? Wie sind die Menschen? Deswegen lasse ich meistens mein Bauchgefühl entscheiden, wie unsere Reise weitergeht – und natürlich darf mein Sohn ebenfalls oft mitentscheiden. Außerdem liebe ich die Nähe zu der lokalen Bevölkerung, denn durch mein Kind bin ich viel mehr im Kontakt mit den Einheimischen als zuvor auf meinen Reisen. Kinder sind oft ein ganz toller Türöffner zum Land und insbesondere zu den Leuten.
Was unbedingt ins Gepäck gehört und was nicht
Ein paar konkrete Tipps noch zum Abschluss:
Dein ultimativer Tipp zum Gepäcksparen?
Gabriela: Nimm so wenig mit wie möglich! Denn das Gepäck stellt meistens die allergrößte Herausforderung dar. Am besten du legst alles raus, wovon du überzeugt bist, dass du es unbedingt brauchst, anschließend halbierst du den Stapel – und wenn du gut bist, dann nimmst du nur die Hälfte vom halbierten Stapel mit. Denn erfahrungsgemäß reicht der voll und ganz aus. Im Grunde kann man fast an jedem Reiseziel viele Dinge kaufen, falls etwas unbedingt fehlen sollte. Und vor Ort kann man dann ja meistens waschen lassen oder mit der Hand selber waschen. Das tue ich immer. Hierfür kann ich dir Gallseife empfehlen!
Was kann auf jeden Fall zuhause bleiben?
Gabriela: Der meiste Kosmetikkram (außer Sonnencreme). Bei mir bleiben Duschgel und Shampoo immer zuhause, auch wenn ich monatelang unterwegs bin. Stattdessen nehme ich festes Shampoo mit und verwende es für Haare und den ganzen Körper – auch bei meinem Kind. Festes Shampoo wiegt ca. 50 g und ist extrem ergiebig, sodass wir zu zweit mit einem Stück meistens 2 Monate auskommen! Bodylotion, Gesichtscreme, Schminke, Stylingprodukte & Co. kommen eh bei mir nicht mit – und wenn doch, dann fülle ich sie in kleinen Behältern ab.
Wenn man mit Baby oder Kleinkind reist, dann muss man nicht unbedingt einen riesigen Vorrat an Windeln oder Feuchttücher mitnehmen, denn diese bekommt man meistens auch in den anderen Ländern. Und auch beim Thema Spielsachen fürs Kind muss nicht immer viel mit, denn erfahrungsgemäß ist der Nachwuchs auf Reisen eh mit viel interessanteren Dingen beschäftigt.
Dein heißer Tipp, um kleine Kinder bei langen Autofahrten, Busfahrten oder Flügen zu beschäftigen?
Gabriela: Mein allererster Tipp ist: Mach dich im Vorfeld bloß nicht verrückt. Egal, wie lang der Flug oder die Fahrt auch werden soll. Denn sind die Eltern gestresst, sind es in der Regel die Kinder auch. Nutze nach Möglichkeit bei kleinen Kindern das Mittagsschläfen, um die Fahrtzeit zu verkürzen. Mach es deinem Kind und auch dir selber mit Kissen, Decke & Co. gemütlich. Kleine Spielsachen und ausreichend Essensproviant sollten auch griffbereit sein. Und außerdem kann man als Familie lange Fahrten auch herrlich nutzen, um miteinander zu reden, Ich-sehe-was-was-du-nicht-siehst zu spielen, vorzulesen und intensiv zu kuscheln. Und zur ganz großen Not gibt es ja auch die Wunderwaffe Tablet, also zumindest bei etwas größeren Kindern.
Dein Tipp, um Stress und Hektik auf der Reise zu vermeiden?
Gabriela: Ruhig weiteratmen, sich bloß nicht verrückt machen und schön entspannt bleiben. Ich weiß, hört sich gerade wie ein gut gemeinter Rat einer Hebamme für die anstehende Geburt an. Doch meistens ist der beste Weg in Situationen, die in Stress ausarten könnten, die Ruhe zu bewahren und sich lieber zu sammeln, als hektisch und unkontrolliert zu handeln.
Das wichtigste Argument fürs Reisen mit Kind?
Gabriela: Reisen mit Kindern ist nicht nur machbar, sondern ein ganz besonderes Abenteuer – für alle Beteiligten. Man muss sich nur trauen und den ersten Schritt wagen, der Rest ergibt sich dann von selbst.
Mehr Tipps findet Ihr in „Wenn ich groß bin, werd ich auch ein Machu Picchu“ von Gabriela Urban: Tipps, wie man den ersten großen Schritt wagt, was es bei Städtereisen zu beachten gibt, wie man lange Fahrtstrecken hinter sich bringt, welcher Notfallplan im Krankheitsfall hilft, und und und. Dazu auch viele praktische Insidertipps zum Reisen mit Kindern, vom Fliegen mit Kindern, Checklisten, Tipps zum Packen, Packlisten, … und was mir besonders gut am Buch gefällt: Jedes Kapitel wird mit persönlichen Reiseberichten von Gabriela eingeleitet – spannend und unterhaltsam geschrieben! Dazu gibt es immer wieder Interviews mit anderen reisenden Eltern und ihren Insidertipps, zum Beispiel über eine Reise nach China, eine Wohnmobiltour durch die USA und auch ein Interview mit mir über das Reisen mit Kindern nach Schweden! Eine Leseprobe aus dem Buch findet Ihr übrigens hier online.
Ein tolles, inspirierendes Reisebuch für Familien, das nicht nur voller praktischer Tipps ist, sondern auch unterhaltsam zu lesen! Vielleicht lassen sich die Fernreiseziele nicht zurzeit nicht umsetzen – aber diese Zeiten werden wiederkommen! Und man kann sich ja vorher schon anregen lassen. Abgesehen davon: Die meisten Tipps in Gabrielas Buch gelten genauso für Reisen innerhalb Deutschlands. Falls Ihr noch mehr Reiseanregungen lesen möchtet, schaut doch auch mal auf Gabrielas Blog vorbei, es lohnt sich! Noch mehr Reiseerfahrungen hat sie auch in ihrem ersten Buch „Wie Buddha im Gegenwind“ beschrieben, das ich auch hier im Blog einmal vorgestellt habe.
„Wenn ich groß bin, wird ich auch ein Machu Picchu“ – Gabriela Urban, Conbook Verlag, 12,95 Euro.
Kennt Ihr mein Kochbuch? „Das Familienkochbuch für nicht perfekte Mütter“ – dort findet Ihr viele Rezepte nicht nur für Kinder – unkompliziert nachzukochen und zu backen!
Kennt Ihr auch meine anderen Bücher?
„Afterwork Familie: Wie du mit wenig Zeit dich und deine Familie glücklich machst.“
„Willkommen Geschwisterchen: Entspannte Eltern und glückliche Kinder.“
Und mein Kinderbuch: Der Blaubeerwichtel
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Super Interview! Ich reise selbst mit meiner Tochter allein und das ist super! Viele schauen mich komisch an, wenn wir nur zu zweit unterwegs sind, aber ich kann es nur empfehlen. Dieses Jahr mussten wir alles absagen, das macht uns beide sehr traurig!
Viele Grüße, Becky