Mamas im Wettbewerb um den schönsten Kindergeburtstag

Ich erinnere mich noch gut an meine Kindergeburtstage: Es gab Kuchen, Wackelpudding und Kirschen, Kerzen wurden ausgepustet, zur Feier des Tages gab es Brause und abends kleine Minifrikadellen und Kartoffelsalat oder so. Auf dem Tisch lagen bunte Sets und es gab Servietten mit Clowns drauf oder anderen Motiven.  Manchmal auch ein paar Girlanden aus Papier, solche, die man fertig im Supermarkt kaufen kann. Wir spielten Topfschlagen oder tobten einfach nur durchs Haus. Als ich größer war, machten wir kleine Wettbewerbe mit Dosenwerfen oder Ralleys durchs Dorf.  Am Ende bekam jeder eine kleine Tüte mit ein paar Gummibärchen und einem Luftballon. Abends fuhr mein Vater im Auto alle Kinder wieder nach Hause. Wir hatten Spaß, Riesenspaß, und es kam uns gar nicht in den Sinn, dass da etwas fehlen könnte. Alle Geburtstage waren so.

Wettbewerb um den aufwändigsten Kindergeburtstag

Die Kinder von heute könnten das ganz anders sehen.

Wo ist denn hier bitte das Motto?

Das könnten sie zum Beispiel fragen. Motto? Gab es keins. Was ist denn überhaupt ein Motto, hätte ich wohl drauf geantwortet. Was sollte denn da noch fehlen, er war doch einfach perfekt, der Geburtstag!

Heutzutage sieht das anders aus.

Mottopartys sind der letzte Schrei. Piratenparty. Prinzessinparty. Zooparty. Alles muss stimmen, einfach ALLES! Jedes Kind bekommt erst mal eine tolle selbstgebastelte Einladungskarte. Die habe ich früher auch selbst gebastelt. Aber das Basteln von früher hat nix zu tun mit dem Basteln von heute. Einfach nur einen Autoumriss aus Tonpapier ausschneiden und den Text hintendrauf schreiben?! Ha, so einfach kommt Ihr mir nicht davon!

Die Mamas von heute stürzen sich in die Planung einer Geburtstagsfeier als gehe es darum, einen Event für mindestens 1000 VIP-Gäste samt königlichem Besuch zu organisieren.

Klar, natürlich kommen VIPs. Meine Kinder. Und mit königlichem Besuch können die natürlich mithalten. Sie sind mir sogar lieber und wichtiger als sämtliche VIPS und Könige der Welt! Aber brauchen sie wirklich diese perfekt organisierten Feierlichkeiten?

Denn es sind ja nicht nur die perfekt ausgetüftelten Einladungskarten aus japanischem Tonpapier mit Washitape verziert und Muscheln wahlweise Stoffresten aufgepimpt. Jede Karte ein Unikat, von der Mama Monate voraus an den Abenden im Wohnzimmer gebastelt.

Perfekt geplanter Kindergeburtstag

Der Tag selbst wird akribisch geplant. Um 15 Uhr kommen die Kinder. Jedes bekommt erst mal ein Fernrohr, wahlweise ein rosa Diadem oder eine originelle Hippieblume überreicht. Ganz dem Motto entsprechend. 15h10 Geschenke auspacken. 15h18 Musik ab! Die – natürlich dem Motti entaprechende dreistöckige Torte mit Fondant wird Wunderkerzen schwenkend aufgetragen 15h21 Kerzen auspusten 15h23 Applaus und Fotosession. 15h27 Platz nehmen am – natürlich aufwändig geschmückten – Tisch. 15h37 Torte anschneiden und Fototermin.

Ja, die Deko. Da basteln die Mamas viele Nächte dran. Tischdecke, Stuhlüberwurf, Kerzen (natürlich selbstgezogen und verziert), Servietten, Platzsets, Teller, Gläser, achja, die Namenskarten! Und die lustigen kleinen Gimmicks wie Piratenschiff aus Muscheln und Treibholz samt selbstgenähtem Segel, in das der Name des Geburtstagskindes eingestickt ist… alles natürlich im Rahmen des ausgeklügelten Mottos!

Neben der Torte gibt es, was das Herz begehrt: Gummibärchen in Muscheln serviert. Wackkelpudding  im Motto verziert. Schokoküsse im eilig angefertigten DIY-Utensilo.

Nach dem Festmahl geht es mit einem ausgetüfteltem Programm weiter, Animateurin Mama hat da mal was vorbereitet. Dass die Spiele, für die Mama noch spontan vier Nächte lang mit der Heißkleberpistole ein echtes Boot gebaut hat, dem Motto folgen, muss ich wohl nicht mehr erwähnen?

Das Abendessen ist analog zur Torte: Buffet mit 20 Köstlichkeiten, heiß und  kalt und immer dem Motto nach. Geschnitzte Möhren in Prinzessinform etwa. Alles bio, was denn sonst. Zum Abschied gibt es dann einen selbstgenähten Beutel aus diesem süßen Stoff mit den Elefanten drauf und dem eingestickten Namen des Gastkindes. Dadrin Mamas selbstgebackene Kekse, ein Büchlein, selbst angerührte Knete und natürlich ein von Mama selbst geflochtenes Armband.

Und ganz zum Schluss sagt dann das Geburtstagskind vorm Zubettgehen: Ich wollte ja eigentlich noch mit den anderen Kindern spielen.

Nein, ich mache da nicht mit!

Unsere Geburtstagspartys sind für die Kinder nicht für die Muttis

Diese Partys werden teilweise schon für Zweijährige so gestaltet. Es ist ein wahrer Wettbewerb um den schönsten Kindergeburstag entbrannt. Je mehr selbstgefertigte Pompons und Lampions, umso größer die Liebe fürs Kind?! Die entsetzten Blicke auf dem Spielplatz, wenn man zugibt, dass es am dritten Geburtstag des Sohnemannes KEIN MOtto gab und auch keine selbstgefertigten Gastgeschenke, sprechen Bände. Nein, wir hatten auch keine Spiele organisiert. Wir haben die Kinder einfach mal das Kinderzimmer auf den Kopf stellen lassen und sind danach auf den Spielplatz gegangen. Wir Mamas hatten sogar Zeit, ganz entspannt unseren Kuchen zu essen und ungestört Kaffee zu trinken!

Nein, ich bin bei diesem Wettbewerb draußen. Wir hatten doch früher auch tolle Geburtstage. Und wieso dieser ganze Stress? Um es den Kindern Recht zu machen? Ich glaube nicht, dass ein Dreijähriger wirklich selbstgezogene Kerzen und eine dreistöckige Fondanttorte braucht. Geht es nicht eher darum, bei anderen Müttern Eindruck zu schinden? Damit diese sich unter Druck gesetzt fühlen und beim nächsten Mal noch größer auffahren?

Ich steige aus. Wir feiern so wie früher. Statt Karten mit Siebdruck anzufertigen und fünf Stunden lang die Strohhalme mit Washitape zu verzieren, spiele ich lieber Feuerwehr mit meinem Großen, ja, und nutze den Feierabend, wenn die Kinder im Bett sind, lieber dazu, ein Buch zu lesen oder sinnlos durchs TV-Programm zu zappen statt Papierschiffchen aus Origami-Papier für die Kuchentafel zu falten. Den Wettbewerb müssen die Supermamis ohne mich ausfechten.

Nicht, dass ich Euch dafür kritisiere. Soll jeder so feiern wie er will. Ich finde Eure Deko auch niedlich und beneide Euch für Euer kreatives Händchen. Aber dafür erwarte ich auch, dass Ihr nicht auf mich herabblickt, wenn ich nur einen Marmorkuchen mit Schokoglasur und Gummibärchendeko backe.

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22 Kommentare zu “Mamas im Wettbewerb um den schönsten Kindergeburtstag

  1. Super, dein Beitrag! Danke dafür! Das trifft es genau! Ich dachte schon, in Lübeck wäre ich mit dieser Meinung alleine auf weiter Flur…
    Auch diese Geschenke-Überfrachtung und Übertrumpfung (ich hab das teuerste Geschenk!) bei 2-jährigen Minis geht mir sowas von auf den Senkel. Ich mache mich mit meiner Meinung aber auch gerne unbeliebt. ;-) Und diese wunderbar ein Jahr im Voraus geplanten Ausflüge mit allem Schnick und Schnack für etwa 100€ (manchmal sogar mehr) werde ich auch nicht mitmachen. Mein Sohn mag mich trotzdem und freut sich noch über Kleinigkeiten.

  2. Bin ganz deiner Meinung. Ich werde das Gefühlt nicht los, dass wir damals dieselben Geburtstagsfeiern besucht haben ;-). Unsere sahen genau so aus, wie du es beschreibst.
    Ich werde mich auch weigern. Noch ist Sohnemann 2, habe also noch etwas Zeit mich dem Druck zu widersetzen. Aber bei uns wird es auch nur stinknormalen Kuchen und abends Würstchen und Kartoffelsalat geben. Das Entertainmentprogramm besteht aus Topfschlagen, Schokoladen auspacken, Teebeutelweitwurf und im Garten spielen. Den Super-Muttis wird es dann als DAS Motto überhaupt verkauft: Als Reise in die guten alten 80’er ;-)
    LG, Sandra

  3. Ha – und wir machen heute Nachmittag eine Feenparty für meine Siebenjährige :-)! Mit kunterbunten Kostümen aus der Verkleidungskiste, Tonpapierflügel-Gebastel, einer Erdbeerfee-Geschichte, einem einstöckigen Schmetterlingskuchen und einem Mitgebsel pro Kind. Genau, ich habe mich auch aus den Mottopartys für Kleinkinder rausgehalten und finde auch, dass Gemütlichkeit wichtiger ist als Perfektion, ABER – wenn man mal angefangen hat, mit seinem Mädel zusammen so etwas zu planen, macht es einfach einen RIESENSPASS :-)!
    lg, Mirjam

  4. BRAVO!!! Endlich spricht es mal jemand aus. Meine Tochter ist ja erst zwei und der 2. Geburtstag kam ganz ohne Motto aus – es waren nur Freunde von uns mit gleichaltrigen Kindern da – alles ganz entspannt. Aber: ich habe jetzt schon Panik vor den folgenden Geburtstagen: dann, wenn zum ersten Mal die Motte selbst entscheidet, wen sie einladen möchte. Wie soll ich das alles zeitlich hinkriegen mit der Motte Party, dem ganzen Gebastel und Gekoche??? Mir graut vor dem Wettbewerb unter Mamis – wer macht es am schönsten, besten, tollsten ergo: wer liebt sein Kind am meisten?
    Das wird mir wohl noch viele schlaflose Nächte bereiten, je näher der Geburtstag rückt (bis Januar ist noch Zeit…)

    • Ich verweigere mich dem Ganzen, zumindest solange meine Kinder es nicht einfordern. Ein Glück sind sie Jungs ;-) Da ist die Gefahr ein bisschen geringer als bei Mädchen… aber im Ernst. Den Riesenaufwand, den manche betreiben, mache ich nicht. Die Kinder sollen einen schönen Tag haben. Aber den haben sie nicht, wenn Mama gestresst daneben steht und darauf achtet ,dass das Minuten-Protokoll eingehalten wird und die Kerzen nicht von der Torte fallen!

      • Ich bin da ganz Deiner Meinung – und ich werde auch versuchen, alles so schlank wie möglich zu halten – einen festen Zeitplan wird es (auch wenn es ein Motto geben sollte) aber nie geben – schließlich muss Zeit zum Spielen bleiben. Dennoch glaube ich, dass von meiner Tochter irgendwann gewisse Wünsche angemeldet werden – schon weil ich glaube, dass sie sicher sehen wird, was woanders so gemacht wird.
        Ich hatte mal als Kind einen Kindergeburtstag, den ich bis heute nicht vergessen habe – so toll war er.
        Meine Mama hat eine Schnitzeljagd organisiert – wir waren alle Indianer (dazu gab es ein Stirnband aus Papier mit einer Feder aus dem Bastelladen und eine Kriegsbemalung ins Gesicht). Nachdem wir den Indianer-Schatz gefunden hatten, wurde im Garten ein Lagerfeuer gemacht und wir dürften darüber Würstchen grillen. Meine Mama hatte mit relativ wenig Aufwand und Geld, den besten Geburtstag gezaubert, den ich mir vorstellen konnte – meine älteste Freundin redet noch heute davon :-)
        Ich hoffe ich schaffe es, ebensolche Moment für meine Tochter zu schaffen – bei denen es nicht darauf ankommt, wie viel es gekostet hat, sondern die in Erinnerung bleiben, weil der Spaß im Vordergrund stand!

    • Nathalie, du sprichst mir aus der Seele. Ich muss gestehen, dass der erste Geburtstag, zu dem wir Kinder eingeladen hatten (es war der 4. Geburtstag) in totalem Stress ausartete und ich behaupten kann, dass ich daraus gelernt habe. Die Freunde meines Sohnes waren überwiegend 3 Jahre und kein bisschen losgelöst von Mama, was zur Folge hatte, dass mein Garten voll von Müttern war, die sich von vorne bis hinten bedienen ließen. Ich hatte nicht bedacht, dass mein Kind scheinbar das einzige war, welches auch ohne dass Mama dabei sein muss, mit anderen Kindern spielt. Mein Mann und ich hatten uns einen schönen Tag für unser Kind gewünscht mit viel toben und spielen. Ein paar Klassiker wie Eierlaufen, Dosenwerfen und Lakritzschneckenwettessen hatten wir eingeplant, der Rest sollte sich einfach finden. Stattdessen kam von einem Kind noch vor dem Geburtstagskuchen die Frage, wann denn nun endlich das Programm starten würde und ob ich einen Clown oder einen Zauberer bestellt hätte. Gleichzeitig riefen Mama 1 und Mama 2 wo denn ihr Hugo bliebe und Mama 3, 4 und 5 warteten auf latte macchiato, cappuccino und espresso. Mein Mann nahm folglich die Rolle des Kinderanimateurs ein. Ich war an diesem Tag als Oberkellnerin im Dauereinsatz und servierte Schnittchen während immer wieder neue Bestellungen der Mamas eingingen. Vor lauter Rennerei bekam ich überhaupt nichts vom eigentlichen Geburtstag mit. Ich hätte mich gerne einfach nur in den Garten gesetzt und die Kinder beim Spielen beobachtet. Am Ende des Tages lag ich meinem Mann heulend in den Armen und war froh dass das event für die Damen endlich vorbei war. Ich habe mir geschworen: nie wieder lasse ich zu, dass die Kindermusik, zu der die Kinder hätten tanzen können, dem Wunschkonzert der Mütter weichen muss

      • Danke für die vielen lieben Kommentare! Ich hatte ja erst die Befürchtung, dass ich mit meinem Beitrag einige vor den Kopf stoße – was nicht meine Absicht ist, denn ich bewundere alle, die den Nerv für eine durchgestylte Mottoparty haben – aber ich habe an Euren Zuschriften gemerkt, dass ich nicht alleine dastehe mit meiner Meinung!

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