„Vereinbarkeit von Beruf und Familie“: Das liest sich so schön in den Parteiprogrammen. Das ist so ein tolles Schlagwort, das man mal fallen lassen kann in Talkshows und Interviews. „Wir tun was für die Vereinbarkeit“ oder auch pathetischer „eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist eines unserer Herzensanliegen“ – das kann man mal sagen. Das ist modern, das ist weltoffen, das ist etwas, was alle gut finden und wo keiner meckert. Eine gute Sache! Ja. Eben. Eine gute Sache. Eine verdammt überfällige Sache. Eine Sache, die eben nicht einfach ist (und es doch sein könnte, wenn nur die Rahmenbedingungen stimmen würden!). Eine Sache, die sich viel zu oft in Lippenbekenntnisse verliert. Denn es liegen uns Eltern noch viel zu viele Steine im Weg. Und entlang des Weges gibt es immer noch viel zu viele Baustellen, die seit Jahren offen liegen und an denen sich nichts tut. Oder nur mal hier und da etwas tut und dann wieder jahrelang nichts. Es muss sich noch viel tun, bis Vereinbarkeit wirklich gelebt werden kann. Bis man bestenfalls gar nicht mehr darüber reden muss, dass sich etwas ändern muss, weil es einfach so selbstverständlich geworden ist. Von echter, gelebter Vereinbarkeit sind wir noch weit entfernt. Es gibt einfach zu viele Baustellen. „Wir setzen uns für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ ein ist immer noch eine Floskel und das Kindergeld um 5 Euro zu erhöhen ist definitiv nicht das, was ich unter diesem „wir tun was für Vereinbarkeit“ verstehe. Ich habe einmal meine Leserinnen auf Instagram gefragt, welche Rahmenbedingungen sich für sie ändern müssen und was sie sich wünschen für mehr, echte Vereinbarkeit von Beruf und Familie. „“Vereinbarkeit fängt mit Verständnis an“, schrieb mir eine Leserin – und damit hat sie einfach recht! Das Verständnis fehlt an allen Ecken und Enden. Aber es muss sich noch mehr tun – hier kommen die spannenden Antworten, die, wie ich finde, sich Politiker ganz genau durchlesen sollten, bevor sie in der nächsten Talkshow wieder verkünden, dass ihnen ja die Vereinbarkeit sehr am Herzen liegt:
Das wünschen sich Mütter für bessere Vereinbarkeit:
- eine Mindestrente, um Altersarmut von Frauen durch Erziehungs- und Pflegezeiten entgegen zu wirken
- Wertschätzung und Anerkennung für Sorgearbeit
- Verständnis für die Notwendigkeit geregelter/verkürzter Arbeitszeiten in der Familienphase
- Kinder und Mütter nicht als Störfaktor im Arbeitsumfeld anzusehen
- eine Bewerbungskultur, die Alter, Geschlecht und Familienstand nicht negativ bewertet
- gesellschaftliche und rentenpolitische Anerkennung von Erziehungsleistung
- Brücken in den Beruf für die Zeit nach der Elternzeit
- gesicherte und verlässliche Betreuungsangebote
- familienfreundliche Arbeitszeiten
- eine Arbeitswelt, die nicht nur aufs Funktionieren ausgelegt ist, sondern auf das Menschliche
- Mütter als geschätzte Arbeitskraft wahrnehmen und nicht als Problem
- mehr Urlaubstage für Eltern (Kinder haben 13 Wochen Ferien, Arbeitnehmer 30 Tage Urlaub!)
- eine vier Tage Woche für Eltern
- ein gerechteres Steuersystem – ohne Ehegattensplitting
- Möglichkeiten für eine Weiterbildung in Teilzeit
- eine qualitativ hochwertige und gesicherte Betreuung nach der Schule
- flexiblere Arbeitszeitmodelle
- weniger Präsenzpflicht im Unternehmen und mehr Vertrauensarbeitszeit
- Vertrauen darin, dass auch in Teilzeit ein guter Job erledigt werden kann
- eine 32 -Stunden-Woche für alle
- Verständnis dafür, wie unberechenbar das Leben mit Kindern manchmal ist
- keine herablassenden Sprüche à la „Du arbeitest ja nur halbtags“ mehr
- Väter, die mehr Familienverantwortung übernehmen und Unternehmen, die Väter dabei unterstützen
- auch das Einbeziehen von Großeltern mehr unterstützen
Viele Aspekte, insbesondere die flexibleren Betreuungszeiten der Kitas, die elternfreundlichere Unternehmenskultur oder das Ehegattensplitting wurden natürlich mehrfach genannt. Ihr seht – es gibt viele offene Baustellen, an denen gearbeitet werden kann. Und zwar nicht nur in der Politik. Auch in den Unternehmen muss sich etwas ändern. In unser aller Köpfen – denn es sind auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die Vereinbarkeit erschweren. Verratet mir doch mal, an welchen Stellschrauben müsste eurer Meinung nach gedreht werden? Was muss sich ändern für eine leichtere und vor allem gelebte Vereinbarkeit von Beruf und Familie?
Mein neues Buch ist da! „Das Kind wächst nicht schneller, wenn man daran zieht“.
Kennt Ihr auch meine anderen Bücher?
„Afterwork Familie: Wie du mit wenig Zeit dich und deine Familie glücklich machst.“
Die Kunst, keine perfekte Mutter zu sein: Das Selbsthilfebuch für gerade noch nicht ausgebrannte Mütter
„Willkommen Geschwisterchen: Entspannte Eltern und glückliche Kinder.“
Und mein Kinderbuch: Der Blaubeerwichtel
Kennt Ihr eigentlich schon mein Kochbuch? „Das Familienkochbuch für nicht perfekte Mütter“ – dort findet Ihr mehr als 80 Rezepte – unkompliziert nachzukochen und zu backen!
Willkommen bei der ganznormalenMama! Wollt Ihr familienfreundliche Reisetipps? Oder kinderleichte Rezepte? Oder Lustiges, Nachdenkliches aus dem Mamaalltag? Dann stöbert im Archiv und folgt mir auf Facebook, bei Instagram oder Pinterest– ich freue mich auf Euch!
Wir sind im letzten Jahr meiner Meinung nach völlig zusammengekracht in puncto Vereinbarkeit. War vorher schon alles knapp an Kante genäht, hat 2020 und 2021 nichts mehr funktioniert … so viele Eltern sind am Limit oder haben ihre Jobs inzwischen sogar niedergelegt. Ich fürchte, wir müssen uns jetzt erstmal wieder zurückkämpfen, zu dem was wir hatten, bevor wir darüber nachdenken können, was wir sonst brauchen. Verlässliche KiTa- und Hort-Öffnungszeiten gehören auf jeden Fall dazu.