Wenn es einfach nicht mehr geht: Was ist Elternburnout?

Burnout – bekommen das nicht nur Manager? So war bis vor kurzem die gängige Meinung. Burnout, das war etwas, das durchs Arbeiten ausgelöst wird. Ständig auf Achse, schuften bis zum Umfallen und tausend Dinge auf einmal erledigen – bis zum Ausbrennen. Doch Eltern können genauso von einem Burnout getroffen werden! Was dazu führt und wie sich das äußert, dazu habe ich in in diesem Abschnitt in meinem Buch „Die Kunst, keine perfekte Mutter zu sein“ geschrieben:

Wenn der Akku leer ist: Was ist ein Burnout?

Für den Begriff Burnout, auf Deutsch „Ausbrennen“, gibt es verschiedene Definitionen. Die amerikanische Psychologin Kathleen A. Kendall-Tacket beschreibt den Burnout als „Leben ohne Freude“. Burnout sei ein „schleichender Verbrauch emotionaler und geistiger Kraft und Entwicklung innerer Leere mit entsprechenden sozialen und psychischen Folgen“, schrieb die Sozialpsychologin Christina Maslach im Jahr 1982. Bereits in den 1970er-Jahren hat der US-Psychoanalytiker Herbert Freudenberger den Zustand chronischer Erschöpfung untersucht und prägte dabei den Burnout-Begriff, der im letzten Jahrzehnt noch einmal so richtig in Mode kam. Er stellte damals fest, dass Burnout vor allem bei Menschen auftritt, die hohe Ansprüche an sich selbst haben und hohes Engagement zeigen. Andere Psychologen heben auch hervor, dass ständig überzogene Erwartungen von außen zu einem Burnout führen können. Burnout ist den Definitionen zufolge ein Zustand chronischer Erschöpfung ohne zwischenzeitliche Entlastung. Es ist das dauerhafte Gefühl „mir wächst alles über den Kopf“, ein ständiges Über-die-eigenen-Kräfte-Leben. Körper und Geist werden geradezu verschlissen. Zwischen den Überanstrengungsphasen fehlen dem Körper Pausen für die Regeneration.

Burnout bei Eltern

Zum Burnout im Berufsleben führen Dinge wie fehlende Unterstützung durch den Vorgesetzten, ständige organisatorische Umstellungen, neue, schnell wechselnde Herausforderungen, ständiger Zeitdruck, wachsende Verantwortung, Nacht- und Schichtarbeit, schlechte Kommunikation, überzogene Erwartungen der Außenwelt und zu erheblichem Teil auch eine Diskrepanz zwischen Erwartungen und der Realität. Besonders oft tritt Burnout übrigens in pflegenden Berufen auf – je engagierter, umso gefährdeter, haben Studien ergeben. Moment Mal – das trifft ja alles auch auf Eltern zu?!

Ja, wenn man sich diese Kriterien genauer anschaut, stellt man fest, dass vieles auch für Eltern – und zwar unabhängig vom Beruf – gilt. Schnell wechselnde Herausforderungen? Davon können Mütter ein Liedchen singen! Ständige organisatorische Umstellungen? Kommt doch vielen bekannt vor, die morgens ein am Vorabend noch gesundes Kind mit hohem Fieber aus dem Bett gehoben haben und das wichtige Meeting im Büro absagen mussten. Zeitdruck, wachsende Verantwortung, Nacht- und Schichtarbeit, schlechte Kommunikation, fehlende Unterstützung, hohe Erwartungen der Außenwelt: All das kennen die meisten Eltern. Und die Diskrepanz zwischen den Erwartungen und der Realität ist den meisten Eltern ebenfalls bekannt.

Aber Elternsein hat einen Unterschied zum Arbeitnehmerdasein: Eltern können nicht kündigen. Beim wem auch?! Eltern können sich auch nicht krankschreiben lassen. Nun, das könnten sie schon, aber es würde nicht viel ändern. Elternsein ist ein 24-Stunden-Job. Mit großer Verantwortung. Ein Job, der rund um die Uhr emotionale Zuwendung einfordert. Für viele Jahre. Und viele Eltern gönnen sich keine Pausen. Nach der Arbeit können die meisten Mütter ihre Beine nicht einfach hochlegen, weil kaputte Knie verarztet werden wollen, Kinder zum Fußballtraining gefahren werden müssen oder die volle Waschmaschine vorwurfsvoll wartet. Mütter geben immer hundert Prozent – oder wollen es zumindest geben. Sie überschreiten täglich ihre Grenzen. Die Kunst ist es, seine eigenen Grenzen zu erkennen und sie einzuhalten. Doch das gelingt nicht, wenn man immer Vollgas gibt. Und was mit einem Motor passiert, der immer auf Vollgas fährt, immer mit der höchsten Drehzahl, das ist bekannt. Wobei sich viele ja um ihre Autos bekanntlich besser kümmern als um den eigenen Körper.

Gestresst zu sein scheint zudem heutzutage zum guten Ton dazuzugehören, als „schick“ zu gelten. Der Irrglaube, man müsse „für eine Sache brennen“, um sie richtig gut zu erledigen, ist allgegenwärtig. Nur wer für eine Sache richtig brennt, sich richtig aufopfert, macht sie gut – in vielen Berufen und auch im Mutterdasein begegnet man dieser Vorstellung immer wieder. Wer sich nicht mit über hundert Prozent in das hängt, was er tut, der macht auch keinen guten Job. Ob als Mutter oder Berufstätiger. Was es ungleich schwieriger macht, zuzugeben, dass der Stress einfach zu viel wird.

white and brown cigarette sticks
Photo by Maksim Goncharenok on Pexels.com

Wie entsteht ein Burnout?

Ein Burnout entsteht nicht von heute auf morgen, sondern ist mit einem langen Prozess verbunden. Einem Burnout geht dauerhafter, negativer Stress ohne Erholungspausen voraus und eine Reihe von Alarmzeichen, die oft übersehen werden. Das Sieben-Phasen-Modell von Matthias Burisch (1994) teilt den Weg zum Burnout in sieben unterschiedliche Phasen ein, die Bettina Mähler und Peter Musall in ihrem Buch „Eltern-Burnout“ schon 2007 auf Eltern übertrugen:

  1. Überengagement – der Beruf wird zum Lebensinhalt, dazu kommt ein Zwang, sich zu beweisen (oder im Falle von Müttern das Mütterdasein, das zum Lebensinhalt wird)
  1. Reduziertes Engagement – was bei Müttern ungleich schwerer möglich ist als im Beruf. Die Kinder müssen schließlich weiter versorgt werden.
  1. Emotionale Reaktionen und Schuldzuweisungen – Mütter weisen die Schuld gerne dem Vater zu, sie sind desillusioniert vom Alltag.
  1. Leistungsabbau – auch das ist für Mütter in ihrer Mütterrolle schwieriger als im Beruf, der berühmte „Dienst nach Vorschrift“ funktioniert im Familienleben nun mal nicht.
  1. Verflachung – fehlendes Interesse an der Umwelt, keine Kraft für Freundschaften und soziale Kontakte. Die Folge: noch mehr Einsamkeit, noch stärkerer Rückzug anstatt sich zu öffnen und Hilfe zu suchen.
  1. Psychosomatische Reaktionen – z.B. häufige Infekte, Schlafstörungen, Kreislaufbeschwerden oder Magenprobleme
  1. Burnout – innere Leere, Zusammenbruch, absolute Hilflosigkeit.

Andere Psychologen teilen den Weg zum Zusammenbruch auch in zwölf Phasen ein, hierbei werden die sieben Phasen noch weiter untergliedert. Aber egal, wie viele Phasen bis zum Burnout durchlaufen werden, eines ist allen Modellen gleich: Der Weg zum Burnout gleicht einer Abwärtsspirale. Bei Müttern ist oft zu beobachten, dass sie sich zunächst übermäßig einsetzen. Bis sie merken, dass sie nicht mehr so gut funktionieren. Dieses Alarmzeichen wird jedoch ignoriert, und anstatt sich den Problemen zu stellen, ziehen sich die Mütter immer weiter zurück – bis hin zur Frustration und Apathie oder sogar Depression. Viele Frauen berichten davon, dass sie sich geradezu unter Zwang fühlen, sich zu beweisen und alles so perfekt wie möglich zu machen. Auffallend oft verleugnen Frauen und insbesondere Mütter die Signale von Überlastung und Burnout. Sie treten einfach immer noch mehr in die Pedale, anstatt sich eine Pause zu gönnen. Die eigenen Bedürfnisse werden beiseitegeschoben und nicht beachtet, Konflikten wird aus dem Weg gegangen, ebenso werden mahnende Stimmen ignoriert. Das Gefühl des Ausgebranntseins schleicht sich oft unbemerkt ein, die ersten Symptome wie Müdigkeit, Gereiztheit oder Magendrücken nimmt man nicht weiter ernst und schiebt sie solange zur Seite, bis es nicht mehr weitergeht. Ist doch jeder mal müde oder genervt. Ja, natürlich ist das jeder einmal. Die Frage ist nur, wann es alles zu viel wird.

Gerade bei Frauen ist aber häufig zu beobachten, dass sie ihre Gefühle unterdrücken und Alarmzeichen ignorieren. Typisch sind dann Gedanken wie „Ich muss nur mal wieder richtig ausschlafen, dann geht es wieder“ oder „Ich muss ja nur noch bis zum nächsten Urlaub durchhalten“. Aber meistens braucht es in einer Situation der Übererschöpfung mehr als nur ein Durchschlafen oder eine Woche Urlaub (mal ganz abgesehen davon, dass ein Urlaub mit Kindern häufig so viel mit Erholung gar nicht zu tun hat). Spätestens, wenn Sie merken, dass Sie nach einem Urlaub sofort wieder in den alten Trott verfallen und die Erholung, so vorhanden, sofort verpufft, ist es Zeit, sich die Erschöpfung einmal genauer anzuschauen!

Den einen Auslöser für einen Burnout gibt es meist nicht – häufig ist es einfach ein Zuviel an allem über einen längeren Zeitraum hinweg. Immer ein bisschen zu viel Stress und ein bisschen wenig Fürsorge für sich selbst. Für den endgültigen Zusammenbruch sorgt dann oft der berühmte „Tropfen auf dem heißen Stein“, eine vermeintliche Nichtigkeit, die das Fass zum Überlaufen bringt. Dabei war es gar nicht diese Kleinigkeit, sondern das in all den vergangenen Monaten Aufgestaute, was sich seinen Weg suchte.“

Mehr darüber, an welchen Symptomen man eine Überlastung erkennt, was man dagegen machen kann und wie man dem Ganzen vorbeugen kann, lest ihr in meinem Buch „Die Kunst, keine perfekte Mutter zu sein -das Selbsthilfebuch für gerade noch nicht ausgebrannte Mütter“ – dort gehe ich auch der Frage nach, woher eigentlich dieser Perfektionismus kommt und was gesellschaftliche Erwartungen mit den Müttern von heute machen.

Kennt Ihr eigentlich schon mein Kochbuch? „Das Familienkochbuch für nicht perfekte Mütter“ – dort findet Ihr mehr als 80 Rezepte – unkompliziert nachzukochen und zu backen!

Kennt Ihr auch  meine anderen Bücher?

 „Afterwork Familie: Wie du mit wenig Zeit dich und deine Familie glücklich machst.“
  Die Kunst, keine perfekte Mutter zu sein: Das Selbsthilfebuch für gerade noch nicht ausgebrannte Mütter 

Willkommen Geschwisterchen: Entspannte Eltern und glückliche Kinder.“

Und mein Kinderbuch: Der Blaubeerwichtel

Willkommen bei der ganznormalenMama! Wollt Ihr familienfreundliche Reisetipps? Oder kinderleichte Rezepte? Oder Lustiges, Nachdenkliches aus dem Mamaalltag? Dann stöbert im Archiv und folgt mir auf Facebook, bei Instagram oder Pinterest– ich freue mich auf Euch!

Beim Kommentieren stimmt Ihr meiner Datenschutzerklärung (siehe Menü) zu.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.