Wenn es ein Wort gibt, ohne dass keine Ausgabe der Tageszeitung, keine Frauenzeitschrift und neuerdings auch kein Wirtschaftsmagazin auskommt, dann ist es: Nachhaltigkeit. Wahlweise nachhaltig. Es gibt Tage, da stolpert man auf fast jeder Seite der Tageszeitung über eines der Wörter. Was wir nicht alles tun sollen, um nachhaltig zu sein! In den sozialen Medien überbieten sie sich mit Vorschlägen. Strohhalme aus Glas (hat mal jemand an kleine Kinder gedacht, die ja eigentlich die Hauptzielgruppe von Strohhalmen sind und gerne herzhaft zubeißen?), feste Seife zum Haarewaschen, Bienenwachstücher statt Alufolie, es ist ja alles schön und gut und mehr als lobenswert. Aber, wenn jemand so wie eine Bekannte neulich alle Tupperdosen aus Plastik aus dem Küchenschrank wirft, um Platz für Glasbehälter zu schaffen, die sie neu anschafft, dann ist das gut gemeint, aber nicht wirklich effektiv. Wisst Ihr, wie viel Energie und Rohstoffe in die Produktion von Glasbehältern fließen? Wieso also noch völlig intakte Kunststoffdosen in den Müll werfen, nur weil sie aus dem bösen Plastik sind?! Oder der Herr, der eine Streuobstwiese abholzte, um bienenfreundliche Wiesenblumen auszusäen und stolz von seinem Einsatz für die Bienen berichtete? Oder die Mutter, die jegliches Plastikspielzeug ihrer Kinder wegwarf, um alles durch entsprechendes Holzspielzeug zu ersetzen? Nein, es ist nicht nachhaltig, wenn wir alle anfangen, sämtliche Kunststoffgegenstände aus unserem Haushalt durch Alternativen zu ersetzen. Jedenfalls nicht, solange sie noch funktionsfähig sind. In Sachen Nachhaltigkeit ist eine Hysterie ausgebrochen, und wehe, jemand isst Joghurt aus einem Plastikbecher, dann bekommt er zumindest virtuell einen über die Rübe gezogen.
So ist es mir letztens passiert. Als ich auf Instagram für einen Joghurt warb, der doch tatsächlich, Frechheit, in großen Plastikbechern angeboten wird. Wie kannst du nur Werbung für so einen Plastikmüll machen?! Böse Kommentare, die mich erreichten. Dabei ist es beim Joghurtbecher genauso wenig eindeutig, was umweltfreundlicher ist, als bei der Frage nach Papiertüte und Plastiktüte (wobei ich hierbei eindeutig meinen Jutebeutel vorziehe). Denn Glas ist aufwändiger herzustellen, muss gesäubert werden, durch das zusätzliche Gewicht wird mehr Treibstoff beim Transport verbraucht – die Dinge und Ökobilanzen sind nicht immer so eindeutig, wie sie auf den ersten Blick scheinen! Und selbst die Experten sind sich uneinig.
Abgesehen davon: Wir sollten nachsichtiger mit uns sein! Woher kommt diese Verbissenheit, dieses Alles-oder-gar-nicht?
Natürlich ist es das beste, ausschließlich in Unverpackt-Läden zu kaufen, nur noch zu radeln und den Kindern gebrauchte Kleidung zu kaufen und natürlich am besten auch mit dem Fahrrad in den Urlaub zu fahren. Natürlich kann man alles richtig machen. Und natürlich wäre es super und toll für die Erde und die Zukunft überhaupt, wenn wir alle 100prozentig wären! ABER: Es funktioniert nicht. Bei dem einen besser, bei dem anderen schlechter. Aber niemand kann immer und rund um die Uhr 100 Prozent nachhaltig und ökologisch korrekt handeln, also fast niemand (Ausnahmen gibt es natürlich). Und statt uns zu verkrampfen, mit dem Finger auf andere zu zeigen, sollten wir uns entspannen und nicht ständig übereinander herfallen. Wir haben nämlich schon eine Menge geschafft.
Verbissensein ist nie gut!
Wir sollten vielmehr mal überlegen: Sind wir vielleicht deshalb so streng mit anderen, um uns über sie stellen und uns selbst besser zu fühlen (genau wissend, dass wir eben auch nicht perfekt sind)?
Schaut Euch doch mal um.
Niemand ist perfekt.
Die Nachbarin kauft zwar alles nur regional im Bio – und Unverpackt-Laden ein? Dafür fährt sie mit ihrem SUV hin. Die Kollegin hat vorbildsmäßig ihren Mehrwegkaffeebecher dabei, kauft aber jeden Tag Salat in der Plastikbox beim Supermarkt. Und die Mutter aus dem Kindergarten hat ausschließlich Bio- und Fair Trade Kleidung an – allerdings online bestellt. Und so geht es munter weiter.
Bevor wir über andere herziehen, sollten wir uns an die eigene Nase fassen. Sich aufregen, weil andere Joghurt im Plastikbecher kaufen, aber selbst übers Wochenende nach Paris fliegen – das passt nicht zusammen, oder?
Ich kaufe vielleicht Joghurt im großen Plastikbecher – aber dafür erledige ich meine Einkäufe zu Fuß, esse kein Fleisch und kaufe Gemüse bio und regional auf dem Wochenmarkt. Muss ich das jetzt bei jeder „Ökosünde“, die ich begehe, kund tun, um nicht virtuell einen auf die Nase zu bekommen? Wo soll das denn hinführen?!
Nö.
Dazu habe ich echt keine Lust und ganz ehrlich: Diese Verbissenheit, diese Hysterie, mit der das Thema Nachhaltigkeit zurzeit diskutiert wird, die geht mir ganz gehörig auf den Keks! Es scheint ein wilder Wettbewerb ausgebrochen zu sein, der bei vielen mittlerweile schon Eibe Anti-Haltung auslöst, ein „ich kann es eh nicht perfekt machen, also lasse ich es gleich.“ Aktionismus kann nämlich auch ganz schön nach hinten losgehen.
Aktionismus und Hysterie führen uns nicht weiter
Wir sollten nicht mit dem Finger auf andere zeigen.
Wir haben es doch nicht nötig, uns selbst zu erhöhen.
Natürlich ist die Diskussion um Nachhaltigkeit gut und richtig und überfällig – und ganz sicher können und müssen wir alle mehr tun für unsere Umwelt. Und das Bewusstsein, dass es immer noch besser geht, schadet nicht. Im Gegenteil, es gibt noch viel zu tun.
Aber wir sollten auch ab und zu inne halten und schauen, was wir alles schon richtig machen. Quasi als Motivation.
Und vor allem sollten wir nicht in Aktionismus verfallen, wie es gerade viele tun. Wie der Herr, der für die bienenfreundliche Blumenmischung die Streuobstwiese abholzte. Und es ist der Umwelt nicht geholfen, wenn wir allen Kunststoff aus unserem Haus verbannen, obwohl die Dinge noch einwandfrei benutzbar sind. Abgesehen davon, dass Kunststoff ja auch seine Vorteile hat. Zum Beispiel kenne ich keine kunststofffreie Legovariante und die sind für mich das beste Kinderspielzeug überhaupt. Und ehrlich gesagt mag ich mir mit Holzzahnbürsten nicht so recht die Zähne bürsten. Und es gibt einfach zu viele, zu verlockende Fernreiseziele, die ich sehen möchte – und wie Greta Thunberg mit einer Rennyacht über den Atlantik zu reisen, ist nicht so ganz mein Ding.
Also Leute: Entspannt Euch, gebt einfach Euer Bestes. Aber lasst dieses Verbissensein, dieses Gehässige und Dogmatische. Ein bisschen Spaß soll das Leben auch noch machen. Und ehrlich: Mit Dogmatismus und Vorschriften bewegt man weniger als mit Lob und Aufmunterung. Im Zweifel nur eine Trotzreaktion! Ist doch bei unseren Kindern genauso. Und bei uns selbst, wenn wir ehrlich zu uns selbst sind.
Klar, kommen jetzt einige: „Spaß haben auf Kosten der Zukunft unserer Kinder? Ist ja unmöglich.“ Und schon wieder ist es da, das schlechte Gewissen. Weil ich Urlaub in New York machen möchte, weil ich so furchtbar egoistisch bin, setze ich die Zukunft meiner Kinder aufs Spiel? Wie kann ich nur?!
Weil das Leben kurz ist, weil das Leben schön ist und weil ich es auch genießen möchte. Und fest davon überzeugt bin, dass ich schon sehr viel tue in Sachen Nachhaltigkeit und mich anstrenge, noch besser zu werden. Aber ich möchte auch bitte schön mein Leben genießen. Also lasst uns einfach jeder unser Bestes tun und uns ab und zu auch mal selbst für den geschafften Weg auf die Schultern klopfen. Wir machen das schon ganz schön gut.
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Kennt Ihr schon meine Bücher?
„Willkommen Geschwisterchen: Entspannte Eltern und glückliche Kinder.“
„Afterwork Familie: Wie du mit wenig Zeit dich und deine Familie glücklich machst.“
Das ganze führt doch oft auch zu Schnellschüssen die ökologisch auch nicht sinnvoll sind – Windkraftanlagen die nur in Betrieb sind solange die Subventionen laufen, E-Autos, die sich ein Normalverdiener kaum leisten kann (der Strom kommt ja aus der Steckdose, keineswegs von einem Atomkraftwerk, die Batterien sidn Sondermüll und von Kinderarbeit ganz zu schweigen…), neue Steuern (und Zertifikate mit denen man seine Bilanz beschönigen kann . da wird nur Kohle verdient aber nix wirkliches gemacht)
Ein vernünftiger Umgang mit vielen Dingen schon im Kleinen ist sinnvoller.
Und wenn man etwas ändern will wäre es am Einfachsten der Gesetzgeber würde statt Augenwischereisteuern lieber Gesetze auf den Weg bringen wie „keine Gurken mehr im Plastikkondom“, „Luxussteuer auf Luxusautos die nichts anderes sind als Luxus und problemlos durch ein anderes Modell ersetzbar“ „Höchstgrenze für den Verbrauch“…
Wer auf dem Land wohnt wo kaum ein Bus fährt der muss nunmal ein Auto nutzen – und wird dafür bestraft – dabei zwingt einen die Arbeit (und die Vorgabe bei der Suche „als Mama muss man mit einem Stundenlohn von 10 EUR zufrieden sein und ne Stunde Anfahrt für einen Teilzeitjob ist auch zu akzeptieren“ zzgl. hohe Kitagebühren die in anderen Bundesländern nicht vorhanden sind), der bezahlbare Wohnraum und Faktoren wie zu pflegende Angehörige dazu dort zu wohnen – da kann man noch so hohe Steuern machen, man fährt je eh schon kaum mehr aus Spaß in der Gegend rum. Das führt aber dazu dass weniger Spielraum bleibt für teurere Biolebensmittel, Altersvorsorge usw.
Ein unendliches Thema – dabei nutzen wir schon Regenwasser als WC Spülung, Gießen usw., nutzen Vesperdosen (ja die bösen aus Plastik die zig Jahre halten und auch Kindertauglich sind) statt Plastiktüten, Solar, Photovoltaik uvm.
Ein bisschen Leben möchte man doch auch noch – das liebe Geld setzt einem hier doch schon genung Grenzen…
Danke, Du sprichst mir aus der Seele.
Oh wie war!!!
Und Thema Strohhalme es gibt so viele Menschen die Behinderungen haben und nicht auf Glas Edelstahl oder Papier umsteigen können, aber daran denkt keiner
Es gab gerade einen Bericht wo sie festgestellt haben das ein Joghurt im Glas wesentlich mehr die Umwelt belastet als einer aus recycling Material …
Unsere Tupperdosen stammen noch aus Omas Zeiten und halten immer noch, was kaputt geht schaue ich geht es ohne? Ansonsten ersetze ich es meist durch Edelstahl weil das nicht verfärbt
Aber seien wir mal ehrlich die die so meckern haben einfach wieder ein Thema gefunden hinterfragen es nicht und denken nicht drüber nach einfach mit der Masse mit laufen…
Also ärgere dich bitte nicht es wird leider immer wieder solche Menschen geben
Du triffst mit deinem Text den Nagel auf den.
Da, wo man es selbst kann und es SINNVOLL ist, sollte man durchaus etwas für die Umwelt tun. Aber plötzlich alles funktionierende Plastik wegschmeißen und WERTVOLLE Streuobstwiesen abholzen, die den Bienen auch helfen (…), ist nicht der richtige Weg.
Danke für deine wahren Worte!
Da gebe ich dir absolut Recht. Ich musste mir soviel anhören weil wir dieses Jahr nach Florida fliegen. Dabei ist unsere letzte Flugreise nach London 8Jahre her. Seitdem nur kurze Strecken mit dem Auto, wenn überhaupt. Und der am meisten gestänkert hat über den Flug macht im Winter ne Kreuzfahrt🤦♀️ Ausserdem meiden wir (neuen) Plastikmüll wies geht und lassen das Auto wann immer möglich stehen.
So ist es. Und es ist manchmal gar nxiht so einfach zu entscheiden wie es jetzt richtig ist! Wenn Mann auf Nachhaltigkeit, wenig Müll und Gesundheit gleichermaßen achten will…. und dazu noch die Vorlieben und Abneigungen der Familienmitglieder berücksichtigen muss. Es Ghetto einfach nxiht alles! Weder von der Zeit , dem Geld und der Energie her…… aber jedes kleine bisschen ist doch schon toll, das sehen och genauso.