Das Leben ist bequem. Wir haben unsere Freunde, wir haben unsere Familie, unsere Nachbarn. Den erweiterten Freundeskreis. Bekannte bei Facebook und Instagram. Eine Handvoll Blogs, denen wir folgen. Wir bewegen uns in einem mehr oder weniger abgesteckten Radius. In unserer Komfortzone. Gehen dort einkaufen, wo es uns gefällt. Gehen in die Cafés und Restaurants, die uns zusagen. Gehen dort spazieren, wo wir uns wohlfühlen. Lassen unsere Kinder Kinder von Eltern treffen, mit denen wir auf einer Wellenlänge sind. Machen dort Urlaub, wo andere sind wie wir. Wir haben es uns schon sehr bequem eingerichtet in unserer kleinen Blase. Mit all den anderen, die unsere Blase teilen oder zumindest Schnittmengen davon teilen. Aber bei allem Komfort vergessen wir manchmal eine entscheidende Sache: Diese Blase ist nur ein kleiner, kleiner, kleiner Ausschnitt der Welt! Unsere bequeme Lebenswirklichkeit ist nur eine winzige Spielart der Vielfalt, die das Leben, die Gesellschaft, die Welt bietet.
Deshalb lohnt es sich, die Augen offen zu halten. Sich nicht nur mit den Menschen zu unterhalten, die wir eh schon kennen. Nicht immer in die gewohnten Cafes und Restaurants zu gehen, auf die Spielplätze, auf die man immer geht. Ich gebe es zu: Ich lebe auch sehr komfortabel in unserer kleinen Welt. Letztens war ich beruflich in einem anderen Stadtteil unterwegs, in den man sonst nie kommt, weil es ein reiner Wohnstadtteil ist. Wir wohnen ja mitten in der Altstadt, und unser kleiner Teil der eh schon sehr familiären Altstadt ist noch einmal familiärer und gemütlicher, man kennt die Nachbarn, hat seine Straßen, Kindergarten und Schule, Spielplätze und Cafés in unmittelbarer Umgebung. Und da kam ich also in diesen anderen Stadtteil, in den es mich sonst nie zieht, weil ich auch niemanden dort kenne – und es öffnete mir die Augen: Es gibt ja nicht nur unsere kleine Welt. Es gibt so viel mehr. Und das, was wir für selbstverständlich halten, für ganz normal, ist für andere gar nicht so. Denn sie leben eine ganz andere Normalität. Und halten wiederum ihre Welt für normal.
Was ja auch wiederum irgendwie normal ist.
Aber: Wie viel bereichernder wäre es denn, wenn wir alle mehr über den Tellerrand schauen? Unsere Blase verlassen? Auch mal nach links und rechts gucken. Mal bewusst mit anderen Leuten reden, mal bewusst auf einen anderen Spielplatz gehen?
Das gilt übrigens auch für die Blase in den sozialen Medien, wo wir genau das angezeigt bekommen, das unserer Blase, unseren Vorlieben entspricht. Hier wird eigentlich noch viel deutlicher eine Wirklichkeit abgebildet, die es so gar nicht gibt, die nur extra auf uns zugeschnitten wird. Was wir dort lesen und sehen halten wir für normal. Dabei ist es auch hier wieder nur ein kleiner Ausschnitt der Wirklichkeit!
Und da fängt die Blase dann sogar an gefährlich zu werden. Wenn nur Zeitungsartikel angezeigt werden, die genau unserer Meinung und unserem Interesse entsprechen. Und den Anspruch erheben, allgemeingültig zu sein.
Was übrigens nicht nur für Politisches gilt. Sondern auch ganz genauso für Erziehungsfragen. Denn kaum eine Blase ist so extrem wie die Erziehungsblase! Wir halten es für allgemeingültig, wie wir leben und mit unseren Kindern umgehen. Dabei gibt es X Erziehungsstile. Und noch mal X Eltern, die sich gar keines Stils bedienen sondern nach Gefühl erziehen. Und noch mal X Eltern, die alles zusammenschmeißen, umrühren und ihre eigene Erziehungssuppe kochen (dazu zähle ich mich und wahrscheinlich auch der Großteil der Eltern). Ein Beispiel (von vielen): Wenn ich mir die Texte und Posts in den Streams meiner Social Media Profile anschaue, dann bekomme ich den Eindruck, als gebe es nur Attachment Parenting. Letztens aber hatte ich eine Lesung aus meinem aktuellen Buch auf dem Lande und stellte fest: Keine einzige der 30 Mütter, die dort saßen, hatte je von diesem Erziehungsstil gehört. Sie hatten ihre eigene Blase. Die sich etwas von meiner Blase unterschied (die übrigens auch nur in einzelnen Schnittmengen der Attachment Parenting Blase entspricht).
Aber wisst Ihr, was das Tolle ist?! Wir hatten Schnittmengen! Eine ganze Menge sogar! Und der Austausch war super, die Diskussion nach der Lesung sehr intensiv und auch lustig. Es lohnt sich also, raus aus der Blase zu kommen. Und zu sehen: Es gibt noch viel mehr als den kleinen Ausschnitt, den wir tagtäglich zu sehen bekommen.
Also, hoch mit dem Popo und raus aus dem Haus. Ein paar Straßen weiter als sonst gehen und einfach mal ins Gespräch kommen mit der Mutter auf dem Spielplatz, von der Ihr dachtet, mit der verbindet Euch ja gar nichts. Glaubt mir: Das ist nicht so. Entdeckt die Schnittmengen und freut Euch vor allem über den Einblick in andere Blasen und die Erweiterung Eurer eigenen Welt.
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Und wusstet Ihr, dass mein neues Buch Die Kunst, keine perfekte Mutter zu sein: Das Selbsthilfebuch für gerade noch nicht ausgebrannte Mütter auf dem Markt ist? Und natürlich immer noch erhältlich ist mein Ratgeber zum Thema zweites Kind: „Willkommen Geschwisterchen: Entspannte Eltern und glückliche Kinder
Ich mache mir aktuell auch Gedanken über dieses Thema und habe eine Blogparade dazu gestartet: https://fineskill.wordpress.com/2019/03/21/blogparade-filterblase/