Gastbeitrag: Mit drei Kindern in Quarantäne

Bisher hatte ich in der Corona-Zeit Glück und der Quarantäne-Kelch ging an mir vorüber. Die Vorstellung, alleine mit meinen Kindern im Haus „gefangen“ zu sein, ist alles andere als angenehm. Wie das eigentlich so ist und wie sie das überstanden hat, erzählt mir meine Gastautorin Yasmin, lest selbst:

„Es ist Freitagabend. Wie die letzten Tage sitze ich über meinem Lernmaterial, kommenden Donnerstag schreibe ich eine staatliche Prüfung für die ich schon mehrere Wochen lerne. Mein Mann kommt spät von der Arbeit nach Hause. Er hatte, wie die ganze Woche schon, mehr als 12 Stunden auf dem Buckel, deshalb wunderte es mich auch nicht als er sagt : ,, Ich fühl mich nicht gut – so schlapp“. Scherzhaft antworte ich ihm : ,,Wehe du hast Corona , dann Gnade dir Gott.“ – Hätte ich das mal nicht so laut gesagt. Samstagmorgens: 6.43 Uhr. Jemand kommt ins Schlafzimmer gestürmt, reißt mich aus meinem Schlaf. „Schatz, mein Schnelltest ist positiv.“ Wumms, ich sitze aufrecht im Bett.

1000 Szenarien spielen sich in meinem Kopf ab, denn mein Mittlerer ist Risikopatient. Ich springe auf, ziehe mich mit Handy am Ohr an. Beim Gesundheitsamt erreiche ich um diese Uhrzeit natürlich Niemanden. Also rufe ich die zuständige Stelle an. Die Aussage: Ja mein Mann könne einen PCR- Test machen, aber erst morgen. Mein Hirn rattert. Ich muss meinen Mann isolieren, meine Kinder schützen. Ich schicke ihn ins Schlafzimmer, stelle das Babybett in ein anderes Kinderzimmer. So langsam realisiere ich, dass ich nun die nächsten 14 Tage auf mich allein gestellt bin. Ich verstehe, dass ich, sollte der PCR-Test auch positiv ausfallen, alle anstehenden Termine absagen muss. „Nein, meine Prüfung“ denke ich…

Ach, nun erstmal egal, denn ich muss meinen Kindern beibringen, dass sie die nächsten 14 Tage ihren Papa nicht berühren, nicht küssen, nicht umarmen dürfen. Die ersten Tränen fließen. Wie soll man als Kind auch verstehen können, was so ein Virus auslösen kann. Meine beiden Kleinen ( 1 & 3 Jahre alt ) versuchen immer wieder ins Schlafzimmer zu kommen, um mit Papa zu spielen. Mein Großer (7 Jahre alt) versteht nun langsam die Situation und fragt leise: „Muss Papa jetzt ins Krankenhaus?“ Ich versuche zu beruhigen, merke aber selbst wie meine Angst in mir aufsteigt. Ich versuche den ganzen Tag über die Kinder abzulenken und Ämter zu erreichen – was am Wochenende, zu einer Mammutaufgabe werden kann. Meinem Mann geht es von Stunde zu Stunde schlechter, er bekommt Fieber, schlecht Luft und hat starke Schmerzen in der Lunge. Die Lage ist für mich klar, er hat das Virus. Ich muss also schauen, dass auch ich so wenig Kontakt wie möglich zu ihm habe, damit ich die Kinder nicht anstecke.

Da ich Antikörper habe, träfe es mich nicht so hart, aber ich kann Überträger sein. Der ganze Tag ist voll damit zu klären, mit wem mein Mann Kontakt hatte. Außerdem müssen die Kinder bespaßt werden und ich darf nicht durchdrehen. Nachdem ich völlig erschöpft alle Kinder ins Bett gebracht habe, fällt mir auf, dass ich ja nun keinen Schlafplatz mehr habe. Nun gut, dann muss ich wohl oder übel in dem Hochbett meines Großen schlafen. Oben angekommen drehe ich mich um zum Schlafen, da wacht der Kleinste auf, schreit und lässt sich 45 Minuten lang nicht beruhigen, das erste Mal an diesem Tag, bin ich den Tränen nahe. Das schaffe ich keine 14 Tage… Irgendwann hat er sich beruhigt und schläft, nun lege ich mich hin und schlafe ebenfalls völlig erschöpft ein.

Sonntagmorgen, jedes der Kinder möchte zuerst auf meinen Arm, mein Mann ruft nach mir, weil es ihm immer schlechter geht. Werde ich in dieser Situation als Mutter versagen, frage ich mich… Ich schalte meinen Kopf aus und funktioniere. Fahre meinen Mann zum PCR-Test, von dem wir schon wissen, wie er ausfallen wird. Mittags versuche ich etwas Genießbares auf den Tisch zu zaubern, was semi-gut klappt. Ich parke die Kinder vor der neuesten Kinderserienfolge und verziehen mich ins Bad, große Tränen rollen mir über die Wange… Was mache ich, wenn es meinem Mann noch schlechter geht? Wie wird die Woche aussehen? Ich atme durch, versuche mich selbst zu beruhigen. Ich schnappe mir die Kinder – ab geht’s in den Garten. Hier kann ich mal 5 Minuten durchatmen ohne nachzudenken. Ich bringe die Kinder danach ins Bett und falle völlig kaputt auf die Couch. Für Fernsehen ist es nun zu spät, also ab ins Hochbett und versuchen zu schlafen, denn der nächste Tag ist durchzogen von Telefonaten. Ich rufe auf der Arbeit, in der Schule und im Kindergarten an, sage meine wichtige Prüfung ab und verschiebe sie, erkläre die Situation. Alle wünschen mir viel Kraft, die kann ich gut gebrauchen. Nun wird auch klar, dass die halbe Familie in Quarantäne muss, da sie in den letzten zwei Wochen Kontakt zu uns hatte.

Ab nun heißt es auch wieder Homeschooling mit einem Erstklässler und zwei Kleinkindern. Freunde und Familie rufen an, schicken uns Videos und schreiben Nachrichten, ob sie für uns einkaufen gehen sollen, ob sie uns etwas Gutes tun können… In diesem Moment bin ich noch glücklicher über die Menschen, die uns nahestehen. Mitten in der Nacht geht es meinem Mann sehr schlecht. Aus Angst rufe ich den Notarzt, der in voller Montur hier auftaucht und meinen Mann durchcheckt.

Er darf zuhause bleiben, muss sich aber weiter isolieren und schonen. Am nächsten Morgen bin ich völlig gerädert und genervt, meine Kinder verstehen meine schlechte Laune nicht und auch nicht, wieso sie unser Grundstück nicht verlassen dürfen. Wieder Tränen, diesmal weine ich mit, weil mein Herz schmerzt. Meine Kinder verstehen all dies nicht und nun können sie ihrem Papa noch nicht einmal nahe sein. Wer könnte Ihnen das übel nehmen? Ich raufe mich zusammen und nehme mir in diesem Moment vor, diese Quarantäne positiv zu sehen, sie meinen Kindern so angenehm wie möglich zu gestalten, von mir aus auch mit viel Schokolade.

Heute nun haben wir Tag 11 der Quarantäne, der letzte PCR-Test stand für alle an und wir warten sehnsüchtig auf die Ergebnisse. Die letzten Tage waren anstrengend, aber aushaltbar, denn wir haben das Beste draus gemacht. Wir haben unsere negativen Gedanken bei Seite geschoben, viel gelacht und gekuschelt. Meinem Mann geht es deutlich besser und durch die Fensterscheibe werden schon wieder Küsschen ausgetauscht. Eins hat mir diese Situation deutlich gemacht…. Wir können über uns hinauswachsen und Superhelden sein. Für uns und unsere Kinder, in dieser ganz besonderen Zeit.“

young ethnic woman trying to work at home with active children
Photo by Ketut Subiyanto on Pexels.com

Lieben Dank für Deinen Gastbeitrag! Er zeigt, durch was für eine besondere Situation Familien in diesen Zeiten gehen – und wie wichtig es ist, dass nun endlich auch bald die Eltern geimpft werden, damit unsere Kinder bald ein Stück Normalität zurückbekommen.

Mein neues Buch erscheint bald! „Das Kind wächst nicht schneller, wenn man daran zieht“: Und hier könnt es jetzt schon vorbestellen!

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Ein Kommentar zu “Gastbeitrag: Mit drei Kindern in Quarantäne

  1. Hut ab! Wir waren auch schon zweimal in Quarantäne und dreimal sind wir knapp daran vorbei gekommen … Einerseits ist es für mich als Angestellte nice, 10 Tage zusätzlichen Urlaub zu bekommen. Quasi Familienzeit gegen Bezahlung. Andererseits macht es weniger Spaß, so lange nicht nach draußen zu dürfen plus Homeschooling …

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