Advent ist ja diese Zeit, in der ich es liebe durch Einrichtungsmagazine und Kochzeitschriften zu blättern. Ich liebe die skandinavische Weihnachtsdeko, dieses stilvolle, nicht überladene, diese schlichte Eleganz. Hübsch drapiert ein roter Elch hier, dort ein minimalistischer Drahtstern an der Wand und auf dem Tisch ein Eukalyptuskranz. Ich mag genauso die hübschen Plätzchen und Kekse, kreisrund, nicht überladen, genau lagom verziert (Schwedisch für genau richtig nicht zu viel nicht zu wenig), dekorativ angerichtet auf einem Tellerchen. Ach und ich mag die Tannenbäume in den schwedischen Wohnzeitschriften, diese minimalistische rote Deko, geschmackvoll ohne Glitzer und Blinkblink. Jedes Jahr brennt es mir unter den Nägeln, unser Zuhause auch so einzurichten, in eine gemütliche Weihnachtsoase zu verwandeln, stilvoll, nicht zu viel, sondern von allem genau richtig, ohne Glitzer und einfach nur gemütlich. Tja. Würden mir da nur nicht meine Kinder einen Strich durch die Rechnung machen.
Meine Kinder lieben Glitzer. Sie lieben Blinkblink. Sie lieben Plätzchen mit so einer dicken Schicht Streusel und Zuckerperlen, dass man nicht mehr erahnen kann, wo unter diesem Berg sich die Plätzchen versteckt haben. Plätzchen werden auch nicht dekorativ auf ein Tellerchen oder eine Etagere gelegt, sondern in der Regel schnellstmöglichst verschlungen, nicht ohne eine Liebesperlenspur quer durchs Haus zu legen.
Und die Weihnachtsdeko?
Was soll ich sagen?
Minimalistisch jedenfalls trifft es nicht so ganz.
Nun. Eigentlich trifft es dieses Adjektiv so ganz und gar nicht.
Meine Kinder basteln. Sie basteln viel. Sie basteln viel Weihnachtsdeko. Fließbandproduktion. Im Akkord. Es ist schwer, noch durchs Fenster zu schauen, weil die Faltsterne und Schneeflocken nur wenige Quadratzentimeter frei lassen. Hier ein paar neckische Wichtel und dort ein kleiner Elch? Ach was. Nicht, wenn meine Jungs dekorieren. Es wird alles herausgezogen, was ich an Weihnachtsdeko habe und da das in ihren Augen nicht ausreicht, wird eben noch ein bisschen (also ein bisschen viel) dazu gebastelt. Auch ein bisschen mehr. Damit die Wichtel nicht so einsam dastehen. Einsam muss sich bei uns im Haus jedenfalls kein Wichtel, kein Engel und auch kein Rentier fühlen. Denn hier wird alles auf einem großen Haufen drapiert. Man könnte auch sagen: geworfen. So häuft sich auf jeder Fensterbank ein munteres Gewusel an roten Zipfelmützen und glitzernden Sternchen, gekrönt von Tannenzapfen und Kunstschnee. Nur durchs gezielte Verstecken unserer Lichterketten („die müssen erst entknotet werden“ – ist ja noch nicht mal gelogen) konnte ich verhindern, dass unser Haus einem amerikanischen Weihnachtstraum gleicht und unsere Stromrechnung sich verdreifacht.
An den Weihnachtsbaum mag ich ja noch gar nicht denken. Meine Söhne basteln derzeit fleißig Bügelperlenanhänger für den Baum.
Ich verrate so viel: Wir werden einen sehr großen Baum benötigen, um für jedes dieser Kunstwerke einen Platz zu finden. Ganz abgesehen von den Engeln aus Eierkartons und Schneeflocken aus Eisstielen, die auch noch untergebracht werden müssen. Meine Jungs neigen zur Clusterbildung und ist das mit den Bändchen zum Aufhängen zu fummelig, werfen sie die Strohsterne, Herzen und Weihnachtsmänner einfach in Häufchen auf die Zweige. Je mehr auf einem Ast, desto besser. Letztes Jahr war das Highlight das Spielzeugwohnmobil meines Mittleren, das hingebungsvoll auf die unteren Zweige in Szene gesetzt wurde. Unvergessen auch das Weihnachtsfest, als mein Großer die Wickelunterlage seines kleinen Bruders auf dem Baum drapierte.
So blättere ich wie jedes Jahr durch meine schwedischen Lantliv-Zeitschriften und erfreue mich an diesen heimeligen Skandichic-Häusern mit ihrer stimmungsvollen Deko und versuche die Glitzersterne am Fenster und die Weihnachtsmannaufkleber an der Kinderzimmertür zu ignorieren.
Weihnachten mit Kindern ist auch immer gleichzeitig ein Abschied vom Perfektionismus. Ich bringe es einfach nicht übers Herz, noch einmal umzudekorieren. Die Fensterbänke freizuräumen, die Zahl der Bügelperlenanhänger am Baum zu reduzieren. Sie sind mit so einer echten Hingabe dabei, mit so viel Eifer und so viel Freude und sprudeln nur so vor neuen Ideen. Aber wer braucht schon ein stilvoll dekoriertes Haus, wenn man strahlende Kinderaugen vor sich hat? Na eben. Ist nicht genau das das Wichtigste an Weihnachten, der wahre Weihnachtszauber: die glücklichen Augen der Kinder? Das Beisammensein bei Kerzenschein, das Vorlesen, das Kuscheln, die Plätzchen (egal, unter wie vielen Kilo Streuseln wir sie suchen müssen), das Feierliche und die Aufregung, das Gespanntsein auf den Weihnachtsmann? Das ist es doch, was Weihnachten ausmacht.
Die Zeit, wo ich mein Haus so dekorieren kann, wie ich es will, wird früh genug wiederkommen. Und dann werde ich sie vermissen, die selbstgebastelten Bügelperlenanhänger und Sterne, die schief ausgeschnittenen Fensterbilder, in denen so viel Herzblut steckt. Deshalb hebe ich tatsächlich alles auf und genieße es noch, das weihnachtliche Dekochaos, solange ich die Gelegenheit dazu hab.
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Toll, dass es doch auch Jungs gibt, die Basteln. Wenn ich so die Werbung oder Spielwarenabteilungen betrachte, habe ich oft den Eindruck, das wäre nur für Mädchen vorgesehen. Das nervt mich total.
Und die Bügelperlen Anhänger haben ja richtig System. Hier ist noch die, „egal wie, Hauptsache schnell die Platte füllen Phase“. Und die Weihnachtsdeko hält sich auch nur deshalb in Grenzen, weil nichts bis zum Ende gebastelt wird.
Ich bin gespannt auf die nächsten Jahre. :-)