Es gibt keine Vereinbarkeit.

Vereinbarkeit? Nein, es muss Unvereinbarkeit heißen. Für die Recherchen für mein nächstes Buch „Deutschland, ein kinderfeindliches Land?“ habe ich recherchiert, inwiefern Vereinbarkeit und Kinderfreundlichkeit zusammen hängen (Spoiler: sehr viel!). Nach meinen Recherchen stellte ich fest: Vereinbarkeit ist quasi ein Ding der Unmöglichkeit. Denn unsere Arbeitswelt ist darauf ausgelegt, dass einer von Zweien (meist ist es ja die Frau, das wissen wir alle und das sagen alle Statistiken) reduziert und den Rücken freihält. Es geht dabei nicht nur um Karriere machen – schon in den meisten normalen Jobs ist alles darauf aufgebaut, dass die Care-Arbeit vom Partner/der Partnerin übernommen wird. Das wird stillschweigend vorausgesetzt. Wir alle wissen: Care arbeit endet nie. Echte Vereinbarkeit geht also nur, wenn beide weniger arbeiten. Es ist nicht damit getan, dass der Mann die Rolle der Frau übernimmt, um wirkliche Gleichberechtigung und Entlastung zu erreichen. Das wäre ja einfach nur ein Tausch der Rollen – vereinbart ist damit noch lange gar nix.

Doch damit dafür die Voraussetzungen geschaffen werden, bedarf es eines echten gesellschaftlichen Umdenkens. Zuallererst sollten wir andersrum denken: Es ist Zeit, dass wir Eltern uns verbiegen und alles tun, um Vereinbarkeit organisiert bekommen. Es ist Zeit, dass sich die die Arbeitswelt, nein, die gesamte Gesellschaft sich neu organisiert, damit Vereinbarkeit möglich ist. Was für dafür brauchen? Eine Abkehr von der Höher-Schneller-Weiter-Mentalität, bei der Leistung und vor allem das zeitliche Hintern-Plattsitzen im Büro im Mittelpunkt stehen. Wir brauchen Unternehmen, die Meetings aus Prinzip nur vormittags ansetzen. Wir brauchen eine Aufwertung von Care-Arbeit: mehr Anerkennung, aber auch mehr Bezahlung. Denn hat uns nicht die Pandemie in voller Wucht gezeigt, dass Care-Arbeit systemrelevant ist? Dass ohne die bezahlte und unbezahlte Care-Arbeit einfach nichts läuft? Eben. Und wieso werden die Berufe dann so viel schlechter bezahlt und angesehen als der eines Marketingmanagers? Ja, Kinderfreundlichkeit hat auch damit etwas zu tun, Care-Arbeit aufzuwerten.

Aber es geht noch weiter, wenn wir Arbeit, Kinder und Care-Arbeit miteinander vereinbaren wollen. Wir brauchen flexiblere Arbeitszeitmodelle. Ein unkompliziertes Reduzieren von Vollzeitjobs und mit einem garantierten Rückkehrrecht. Wenn beide Partner auf 32 Stunden reduzieren ohne schief angeguckt zu werden, ohne finanzielle Einbußen und vor allem ohne Angst, den Job dadurch zu verlieren, dann wäre viel gewonnen auf dem Weg zu einer echten Vereinbarkeit.

Wir brauchen eine echte Work-Life-Balance – und von der hätten wir letztlich alle etwas, Kinderlose und Eltern. Und unsere Kinder.

Mehr dazu lest ihr ab September in meinen nächsten Buch! (ihr könnt es übrigens bereits jetzt vorbestellen)

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