Interview zur Vereinbarkeit: Wenn beide Elternteile Teilzeit arbeiten

Mit Verlassen des Kreißsaales scheinen die meisten Eltern die Gleichberechtigung aufzugeben und stattdessen in alte Rollenmodelle zu verfallen: Obwohl sich zwei Drittel aller Eltern vor der Geburt vornehmen, Haushalt und Kind gleichberechtigt aufzuteilen, gelingt es nur ganzen 14 Prozent tatsächlich (mehr dazu auch in meinem Buch „Die Kunst, keine perfekte Mutter zu sein“). Gleichberechtigung sieht anders aus. In den allermeisten Fällen ist es der Mann, der Vollzeit arbeitet, während die Frau entweder längere Elternpause einlegt oder allenfalls Teilzeit arbeitet. Und selbst bei den Paaren, die beide Vollzeit arbeiten, ist es oft genug die Frau, an der die Hausarbeit hängen bleibt. Aber was hindert uns eigentlich daran, Haushalt und Kinderbetreuung gleichberechtigt aufzuteilen? Was hindert die Väter daran, ebenfalls auf Teilzeit zu reduzieren? Die Gesellschaft? Die eigene Barriere im Kopf? Die Angst vor einem Arbeitsplatzverlust? Die finanziellen Einschränkungen? Ich habe eine Mutter befragt, die genauso wie ihr Mann Teilzeit arbeitet und mit ihm alles gleichberechtigt aufgeteilt hat. Echte Vereinbarkeit von Familie, Haushalt, Kindern – und den eigenen Bedürfnissen, sie sagt. Eine Einstellung und ein Modell, von dem man sich wirklich etwas abschauen kann! Auch wenn der Weg dorthin, wie sie selbst sagt, nicht ganz einfach war und auch blöde Reaktionen von anderen nicht ausblieben. 

Ihr habt Euch entschieden, beide Teilzeit zu arbeiten: Was heißt das konkret, wer arbeitet wie viele Stunden und an welchen Tagen/welches Teilzeitmodell habt Ihr?

Hört sich erstmal toll an oder? Ist es auch. Aber auch für uns war es nicht einfach, der Weg zur beidseitigen Teilzeit war lang und anspruchsvoll, aber umso besser fühlt es sich jetzt an. Mein Mann arbeitete lange voll mit den 2 Elternzeitmonaten pro Kind (wir haben 2 Kinder). Ich ganz klassisch von Vollzeit nach dem ersten Kind auf 50%, 20 Stunden in der Woche. Nach dem zweiten Kind war die Elternzeit bzw. die erwerbslose Zeit schon etwas länger bei mir, danach bin ich ebenfalls mit 20 Stunden wieder angefangen. Mein Mann hat sich schon immer als sehr kinderbezogenen und modernen Vater begriffen, daher hat er immer schon sehr viel Familienarbeit und Familienzeit beigesteuert, trotz der Vollzeit. Er wollte einfach Zeit mit seinen Kindern verbringen. Da war es dann folgerichtig, dass auch er den Anspruch auf Teilzeit bei uns hat, denn wieso sollte ich nur Familie und Beruf vereinbaren dürfen? Schließlich bringt er sich auch total viel in unserer Familie ein.

Und was gab für Euch den Ausschlag?

Dann machte er mit den Kindern eine Vater-Kinder-Kur und dort reifte sein Wunsch, in Teilzeit zu gehen. Dann rechneten wir natürlich erstmal hin und her, aber entschieden uns schließlich für seine 31 Stunden, damit er die Reduktion auch merkt. Ich stockte parallel auf 25 Stunden in der Woche auf. Aber das ist auch nicht statisch; wir möchten das gern je nach Lage anpassen, um für unsere kleine Familie das Beste herauszuholen. Ich denke Vollzeit wird erst wieder ein Thema, wenn es finanziell nicht mehr klappt oder die Kinder deutlich älter sind.

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Sich nicht nur das Windelnwechseln gleichberechtigt teilen.

 

Wie lange sind die Kinder in der Betreuung?

Wir haben zwei Jungs, momentan 7 und 4 Jahre alt. Unser Großer ist jetzt in der Schule, geht aber vor- und nach dem Unterricht in die Betreuung, weil die Unterrichtszeit in der ersten Klasse natürlich bei weitem nicht die Betreuungszeit abdeckt, die wir aus dem Kindergarten gewohnt waren. Wir können zwischen 7:00 Uhr und 08:45 bringen und bis spätestens 17 Uhr abholen. Diese Flexibilität kann ich gar nicht hoch genug werten, denn dann sind wir alle nicht so gestresst. Es geht auch nicht darum, diese Zeit maximal auszunutzen, es geht um die Möglichkeit, diese Zeit zu haben und flexibel zu sein. Allein morgens die Gewissheit am Esstisch, dass wir auch nochmal 10 min. länger sitzen bleiben können, bringt mehr Ruhe in den Start in den Tag. Und die Möglichkeit, dass ich z.B. eine Fortbildung, die früh beginnt, schaffe, ist auch enorm wichtig. Angepasst eben.

Unser Kleiner geht in den Kindergarten, der hat Betreuungszeiten von 07:30 bis 16 Uhr. Also die kürzeren Zeiten, nach denen wir uns zu richten haben. Aber ebenfalls mit gleitenden Abhol- und Bringzeiten. Beides in Fußentfernung, so dass wir nur ein Auto brauchen, weil einer morgens bzw. nachmittags die Kinder ohne Auto holen kann. Die Hauptentscheidung für die Kita neben den kompetenten Personen und Öffnungszeiten bei uns: Wegezeiten bzw. Fussentfernung.

Wichtig ist, dass einer BEIDE Kinder bringen bzw. abholen kann, damit der andere raus ist. Haben wir dann noch Termine nachmittags, wird das andere Kind mitgenommen, damit der andere Partner frei ist für Arbeit. Das kommt aber nicht so oft vor.

Was seid Ihr von Beruf?

 Ich bin mittlerweile Personalleiterin bei einem mittelständischen Unternehmen, mein Mann ist im Wechselschichtdienst im Beamtenstatus. Der Schichtdienst meines Mannes bringt neben vielen (!) Nachteilen aber auch einige Vorteile mit sich. Die versuche ich mir immer wieder vorzuhalten. Da wir beide eine SEHR hohe Arbeitszufriedenheit haben, möchte z.B. auch mein Mann erstmal weiterhin im Schichtdienst bleiben. Er kann z.B. fast jeden Tag die Kinder abholen, außer wenn er Spätdienst hat. Das gibt mir die nötige Flexibilität auf der Arbeit, länger zu bleiben, wenn Termine sind oder ich etwas fertig machen muss. Ein gutes Gefühl: Mein Mann kümmert sich zuhause. (Zwar sieht die Küche dann manchmal trotzdem unterirdisch aus, wenn ich komme, aber ich wollte mich ja in Gelassenheit üben). Dafür bringe ich die Kinder jeden Morgen alleine zu Schule und Kindergarten. Das entlastet meinen Mann und er kann schlafen (z.B. nach einem Nachtdienst). Schichtdienst bedingt auch teilweise Abwesenheit am Wochenende, was ein echter Nachteil ist. Dadurch ist bei uns gemeinsame Familienzeit schon sehr rar, am Wochenende bin ich oft allein mit den Kindern. Aber ich hole mir oft Hilfe, fahre zu meinen Eltern, zu Freunden. Ich gehe übrigens auch oft frühstücken mit den Kindern oder Mittagessen bei IKEA. Freizeitpark-Dauerkarten sind auch gut. Ich möchte einfach sagen, dass ich auch, wenn ich alleine bin, nicht alles selbst machen muss.

Wie kam es zu Eurer Entscheidung, was hat Euch bewogen?

Wir fühlten uns andauernd gestresst, besonders mein Mann. Der Leidensdruck hat ihn letzten Endes dazu bewogen, in Teilzeit zu gehen. Da ich schon länger in Teilzeit bin, hatte ich diesen Druck nicht ganz so extrem.

Hattet Ihr auch Zweifel, hätte Euch fast etwas davon abgehalten?

Klar. Und wir zweifeln immer noch ständig, besonders mein Mann ist ein Zweifelkönig. Meine Grundeinstellung ist positiver, aber auch ich zweifle natürlich manchmal. Unsere Zweifel sind oft finanzieller Natur. Das ist auch ein Argument, das ist eben nicht wegzudiskutieren. Aber da wir so die gängigen Ausgaben decken können, stellt sich für uns halt die Frage, wie viel mehr wollen wir in Geld bzw. lieber in Zeit investieren. Im Moment möchten wir eben mehr Zeit! Aber es gibt natürlich immer einen Preis dafür. Zweifel gibt es weiterhin auch persönlicher Natur, besonders bei meinem Mann. Frauen machen die Vereinbarkeitsdiskussion schon länger mit, bei Männern fängt das ja gerade erst an. Was für ein Man möchte ich sein, wie reagiert mein Umfeld? Durch meine vielen Gruppen in der Elternzeit (Stillgruppe, Rückbildungsgruppe etc.) hatte ich schon von Anfang an einen guten Austausch, Netzwerk und Bestätigung, mein Mann hatte dieses nicht. Daher waren meine Vorstellungen von Familienleben und Partnerschaft schon entwickelter, mein Mann hat aber aufgeholt.

Wie hat denn Euer Umfeld reagiert?

Mein Chef ist ein absoluter Familienfreund. Er wertschätzt arbeitende Mütter sehr, denn wir sind oft viel effektiver als andere Arbeitnehmerinnen. Ich schaffe auch in der gleichen Zeit heute mehr als früher, das ist gut fürs Unternehmen. Und mittlerweile haben sich die meisten daran gewöhnt, dass ich wichtige Meetings lieber in den Vormittag lege. Steter Tropfen höhlt den Stein und erzieht Kollegen.

Ein weiterer wesentlicher Punkt neben dem Gehalt ist meine Flexibilität, die ich mir leisten darf. Ich habe Gleitzeit und kann mir meine Zeit einteilen, selbst Prioritäten setzen. Dadurch sinkt nicht der Anspruch – ganz im Gegenteil – aber die Arbeitszufriedenheit steigt enorm. Eine echte Wertschätzung. Ich nehme mir z.B. oft freitags frei, mache den Wocheneinkauf und habe manchmal auch Zeit für mich. Mein Mann und ich versuchen auch Freitagmittag oft essen zu gehen, ohne die Kinder, nur zu zweit, weil wir die Wochenenden ja meist nicht haben. Unsere Zeit. Ganz ohne schlechtes Gewissen. Bei meinem Mann wird Teilzeit auch immer beliebter, daher konnte er es relativ einfach durchsetzen. Unser Umfeld war größtenteils begeistert, Kritiker versuche ich notorisch zu überhören.

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Was für kritische Stimmen kamen denn?

Musst du denn die Kinder so früh abgeben?“ Nein, muss ich nicht, MÖCHTE ich aber. Manchmal möchte ich die Kinder früh abgeben, um einen Kaffee auf der Arbeit IN RUHE vor einem Termin trinken zu können. Manchmal aber eben schlafen wir auch länger und kuscheln noch, aber das entscheide ich selbst bzw. der Stundenplan. Und nicht die kritische Stimme.

Oder: „Ist der Kuchen denn selbst gebacken?“ Ja ist er tatsächlich, aber von meinem Papa. Der hat Spaß daran. Warum darf er mir die Arbeit dann nicht abnehmen? Oder: Nein, ist er nicht, aber Bäckereinen können auch gut backen. Und die Backzeit investiere ich lieber in Zeit mit meinen Kindern.

Oder: „Ihr habt aber einen durchgeplanten Tag.“ Ja haben wir, manchmal auch mir zu viel, aber ich persönlich bin jetzt mit 40 Jahren glücklicher als je zuvor in meinem Leben. Und eine glückliche Mutter ist für Kinder auch sehr viel Wert oder?

Solche Kommentare wird es immer geben. So what.

Das sind ja genau die Ratschläge, die ich auch in meinem Buch „Die Kunst, keine perfekte Mutter zu sein“ gebe! Was hat Dir beim Umgang mit den kritischen Stimmen am meisten geholfen?

 Vor allem: schlechtes Gewissen abstellen. Meins ist schon deutlich geringer als das von meinem Mann, der oft noch eins hat, aber auch das wird besser. Ich gebe solchen Kritikern immer nicht so viel Raum und Öffentlichkeit. Auch in mir selbst nicht. Denn dann wachsen sie in meinem Unterbewusstsein. Mein Lieblingstipp kam von einer meiner (Lieblings-)Kolleginnen: Einfach nicht rechtfertigen. Warum auch? Wir Frauen neigen dazu, uns immer rechtfertigen zu müssen. Immer entschuldigen, so fangen wir schon Sätze an. Gar nicht nötig, macht kein Mann. Und fällt übrigens auch gar nicht auf, wenn ich es nicht mache. Im Gegenteil, ich wirke viel überzeugender.

Ein weiterer Tipp: authentisch sein. Seit ich auf meinem Weg authentisch sein kann, erlebe ich weniger Kritik, denn viele merken einfach, dass es eh keinen Sinn hat.  Authentizität kommt an und macht sympathisch. Egal welche Lebenseinstellung ich habe, einfach dazu stehen. Mutig und manchmal langwierig, aber nötig.

Wie teilt Ihr die Hausarbeit auf?

Wäsche mache ich, mein Mann hat es nicht so mit Klamotten falten. Garten macht meistens er, ist ihm aber auch wichtig (mir nicht so). Geschirrspüle räumt der ein, der für das Essen gesorgt hat. Oder zusammen. Und: wir leisten uns für unseren Familien- und besonders für unseren Ehefrieden eine Putzfee, da wir SEHR unterschiedlich Reinheitsansprüche haben und das uns schon fast unsere Ehe gekostet hat. So sauber, wie mein Mann es nämlich gern hätte, macht es nämlich nur er . Und da ich dazu nicht bereit bin, haben wir uns für eine Putzfee entschieden.

Wir versuchen aber im Großen und Ganzen auch die Hausarbeit insgesamt zu reduzieren, wir versuchen bügelfreie Sachen zu kaufen oder wartungsarme Haushaltsgeräte, wir schreiben beide in der Küche die Woche über den Einkaufszettel und einer bringt es dann alles mit. Wir gehen auch gerne essen, oder es gibt eben nur 1 Paar Schuhe für jeden und nicht 3. Schon steht weniger rum. Unser Haus ist klein, daher müssen wir uns alle etwas reduzieren. Kinderzimmer können zugemüllt werden, im Wohnzimmer wird abends aufgeräumt. Mein Mamaauge braucht es eben auch mal aufgeräumt. Da für mich die Hausarbeit ein notwendiges Übel ist, wird sie halt reduziert so gut es geht.

Was ist das Schönste an der gemeinsamen Teilzeitarbeit?

Das Schönste ist das Gefühl, sich als Partner auf Augenhöhe zu begegnen, gemeinsam die Familienarbeit zu teilen, gemeinsam aber auch das finanzielle Risiko zu tragen. Darum geht es bei uns. Jeder darf sich eben auch größer begreifen als nur Mama oder Papa zu sein.

Aber das birgt manchmal übrigens auch total viel Diskussionsstoff, denn mein Mann hat einen manchmal etwas anderen Erziehungsstil als ich. Seine „Leine“ ist viiiiel kürzer als meine, eher geschlechteruntypisch, aber ist halt so ). Hier müssen wir uns beide in Akzeptanz und Entspannung üben. Mein Mann, weil er auch mal mit ansehen muss, dass ich die Kinder nicht sofort beim ersten Geschrei aufhebe (sondern sie oft alleine aufstehen können) und ich muss doch auch akzeptieren, dass er natürlich auch miterzieht und Sachen so macht, wie er es meint. Ich möchte ja schließlich auch, dass er miterzieht. Da muss ich ihn es natürlich so machen lassen, wie er meint. Ich finde es schön, meinen Partner in der Vaterrolle wachsen zu sehen, so wie ich als Mutter.

Hat gemeinsame Teilzeit auch Nachteile?

Klar. Oder andersrum, es gibt immer einen Preis. Unser Umfeld ist oft noch nicht so weit. Ich werde teilweise komisch angeschaut, dass ich „jetzt erst“ von der Arbeit komme, oder dass ich mein Kind in die Frühbetreuung gebe. Solche Kommentare sind nicht nötig, meistens stecke ist sie aber gut weg und es ist mir egal. Denn ich bin glücklich, die Kommentierenden aber wahrscheinlich nicht. Aber an manchen Tagen, an denen ich etwas kraftloser bin, ärgere ich mich schon. Ganz klar.

Der Preis für unsere gemeinsame Teilzeit ist auch oft fehlende Flexibilität. Unser Leben ist halt weitestgehend durchorganisiert. Manchmal vermisse ich es, mich treiben zu lassen. Aber dafür lasse ich es an den Wochenende ruhig angehen und wir bleiben manchmal lange im Schlafanzug.

Wollt Ihr überhaupt zu Vollzeit zurück?

Eigentlich wollen wir nicht in Vollzeit zurück, aber wir müssen schauen, ob wir das finanziell weiter so stemmen können. Als mein Mann auf 31 Stunden gegangen ist, habe ich zwar um 5 Stunden erhöht, aber netto fehlt uns da natürlich schon noch etwas. Ich denke, ich werde mittelfristig auch auf 30 Stunden gehen (müssen). Meinen Chef wird es freuen Aber wir haben auch unsere Kosten reduziert. Wichtig und teuer sind uns unsere Urlaube, dafür versuchen wir zu sparen. Dafür ziehen wir auch öfter die gleichen Klamotten an.

Was gebt Ihr allen Eltern mit auf den Weg, die noch am Überlegen sind?

In sich hineinhören, was ihr möchtet. Nicht jeder Weg passt zu jedem. Authentische Lösungen finden. Und den Mut, diese dann auch umzusetzen bzw. anzupassen. Auch wenn das oben Beschriebene alles toll und einfach klingen mag, ist es natürlich nie. Meine ganz persönliche Reise zu unserem Familienmodell und zu meiner Form von Leben mit Kindern und Familie hat sich hingezogen, ich habe viel beobachtet. Ich habe mich immer gefragt, was mich glücklich macht und was eben nicht. Das ist ganz persönlich und trifft so natürlich auch nur für mich zu. Dabei habe ich z.B. auch herausgefunden, dass ich sehr gern mal ganz mit mir alleine bin. Daraus ziehe ich sehr viel Kraft. Und dann habe ich verstanden, warum ich immer so gereizt war, weil in einem 4-Personen-Haushalt das Alleinsein natürlich nicht so oft vorkommt. Mein Mann ist da übrigens ganz anders, er ist eher der gesellige Typ, der sich sehr gern mit Freunden trifft und eben daraus Kraft zieht. Allein das Wissen darüber macht uns stärker, weil wir jetzt achtsamer mit uns umgehen (auch so ein schönes Modewort).

Was hat Dir bei der Suche nach Deinem Weg noch geholfen?

Auch habe ich mir Vorbilder gesucht, natürlich weibliche Vorbilder. Ich habe mir Frauen in meinem Umfeld gesucht, die meine Art Lebensstil so oder ähnlich führten. Das hat mir die Gewissheit gegeben, dass es geht. Nicht gegeneinander, sondern mit einander (wie in einem deiner Beiträge). Und es motiviert dann unheimlich, sich mit solchen Gleichgesinnten zu umgeben.

Abschließend mache ich nochmals deutlich, dass dies UNSER bzw. MEIN Modell ist. Das passt so, wie beschrieben, natürlich nur zu uns. Deswegen möchte ich hier keinem etwas aufzwängen, nur Anregungen und Tipps geben, für die ich persönlich auch immer dankbar bin. Ich bin mir auch bewusst, dass wir teilweise Luxusprobleme haben. Andere haben gewisse Entscheidungsfreiheiten nicht. Das macht mich demütig und dankbar für meine Situation. Aber ich finde auch: Glück ist auch teilweise eine Entscheidung! Von nichts kommt nichts, auch keine Änderungen. Daher: bis hierher und sogar noch weiter .

Was hat Euch bei Eurem Weg geholfen?

Geholfen hat uns eine Paarberatung, wo wir auch immer noch sind. Einfach mal 1 Stunde über sich reden OHNE die Kinder oder Geräuschpegel. Danach sind wir immer essen gegangen, weil meine Eltern ja eh dann auf die Kinder aufgepasst haben und schon da waren. Das war für uns schon total toll. Aber wir bekamen auch inhaltlich viele Impulse und lernten, uns zu reflektieren und zu überlegen, wie wir Familie heute leben möchten. Wer möchte was und was ist uns wichtig? So kam z.B. heraus, dass uns beiden unsere Arbeit neben der Familie sehr wichtig ist. Und das ist ok. Wir begreifen uns nicht nur als Mutter und Vater sondern auch als berufstätige Person. Exkurs nebenbei: Ich habe 4 Felder, die ich befriedigen möchte, damit es mir insgesamt gut geht: meine Kinder, meine Partnerschaft, mein Arbeitsleben und MICH SELBST als Person. Wenn eines der Felder zu lange vernachlässigt wird, beginne ich, mich schlechter zu fühlen. Dieses Wissen, mich nun zu verstehen und bei mir angekommen zu sein, gibt mir unheimliches Selbstbewusstsein und innere Ruhe. Ich konnte dadurch mein schlechtes Gewissen abstellen. Auch wenn es bei anderen ganz anders sein mag, bei mir ist es eben so. Und das ist gut so. Daher kann ich nur empfehlen, sich zu reflektieren, mit oder ohne Hilfe, zusammen oder alleine. Der erste Schritt, etwas im Leben zu ändern, ist sich selbst kennenzulernen. (Und nach all der Reflektion hilft dann wieder ein Abend zuhause mit klebrigen Händen, Krümel am Boden, feuchten Küsschen und Rennen durchs Haus: Das erdet wieder .)

Danke für die offenen Worte und das tolle Interview, von dem man sehr viel lernen kann! Ich finde es klasse, wenn Eltern diesen gleichberechtigten Weg gehen – und auch so selbstbewusst sind, dazu zu stehen und ihren Weg zu verteidigen. Ein tolles Modell vom Familienleben – was viel zu wenige Eltern in Deutschland so leben. Ich finde auch, dass Teilzeitarbeiten eigentlich perfekt ist: Ich habe vormittags die Arbeit, die mich ausfüllt und für mich mehr ist als nur ein Job – und nachmittags die Zeit mit den Kindern, die nicht nur erdet, sondern auch einfach glücklich macht. Die perfekte Kombination! Und wenn der Mann bei dem Modell auch noch mitmacht und  man sich dazu den Haushalt wirklich aufteilt – einfach perfekt.

(die Mutter hat bei diesem Interview um Anonymität gebeten, da die blöden Kommentare in ihrem Umfeld immer noch nicht verstummt sind… aber ich habe mich dennoch über das spannende Interview gefreut und hoffe, es motiviert auch andere Familien ein bisschen mehr Gleichberechtigung zu versuchen)

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7 Kommentare zu “Interview zur Vereinbarkeit: Wenn beide Elternteile Teilzeit arbeiten

  1. Interessante Sache und aus meiner Sicht (und der meines Mannes) absolut empfehlenswert. Wir arbeiten beide in Teilzeit – jeweils 50% im Angestelltenverhältnis – mein Mann zusätzlich noch einige Stunden im Homeoffice. Jeder von uns Beiden verdient wenig mehr als €1000,- netto. Da wir keine Miete bezahlen geht sich das mit 2 kleinen Kindern gut aus. Wenn sie in der Pubertät sind, und mehr Geld, dafür weniger Eltern brauchen, können wir immer noch Stunden aufstocken. :-)
    Die Vorteile für uns:
    + Die besondere Beziehung zwischen Papa und Kindern, die schwerer entstehen kann, wenn sie den Papa nur Abends und am WE sehen
    + In der Partnerschaft fällt gegenseitiges Verständnis leichter, weil jeder gleichermaßen neben dem Arbeitsalltag auch den „Familienwahnsinn“ miterlebt ;-)
    + Wir Großen sind entspannter, weil wir mehr Freizeit (und mehr Zeit für lästige, aber notwendige Dinge wie den Hausputz, etc. haben)
    + Es ist immer einer von uns für potentielle Probleme der Kinder da. Leider steht bei uns keine Oma / kein Opa zur Verfügung. Und ich wüsste daher ehrlich gesagt nicht, wie wir die vielen langen Ferien, krank sein, … anders managen könnten.

    Der Nachteil:
    – Weniger Einkommen bzw. weniger am Pensionskonto. Aber: siehe oben! :)

    Sofern es finanziell irgendwie machbar ist bzw. man ehrlich(!) bereit ist, auf etwas Luxus zu verzichten, kann ich es NUR empfehlen! Wenn der Neuwagen, teure Markenklamotten, der Kinderwagen um >500€ und Weihnachtsgeschenke für die Kinder um >100€ unverzichtbar sind, sollte man sich anders entscheiden um glücklich zu werden (oder richtig gut verdienen… 😬)!

    Alles Liebe!
    Jules

  2. Vielen Dank für dieses Interview. Ich habe nach beiden Kindern bereits nach 6/7Monaten wieder mit der Arbeit begonnen (ca 60%), mein Mann hat – außer dem einen Monat Elternzeit – immer voll gearbeitet. Für uns ist es völlig in Ordnung, dass er nicht reduziert hat, da er sich trotzdem sehr bemüht, mich zu Hause bei allem zu unterstützen, z-B. besonders früh zu arbeiten beginnt, um nachmittags Kinder oder Küche zu übernehmen.
    Ich habe mich bewusst dafür entschieden , so früh wieder mit der Arbeit zu beginnen, da ich gemerkt habe, dass ich dadurch viel ausgeglichener bin, als wenn ich den ganzen Tag zu Hause bin.

    Wir haben aber auch das Glück, dass der Opa nicht weit weg ist und die Kinder als sie ganz klein waren vormittags genommen hat.

    Interessant finde ich den Aspekt der vier Bereiche, den sie für ihr Göück braucht: Kinder, Arbeit, Partnerschaft und Zeit für sich. Da werd ich meine eignenen Zeiten in diesen Bereichen mal überdenken, inwieweit manche zu kurz kommen. Vielen Dank für den Denkanstoß!

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