Vereinbarkeit: Warum wir Mütter Netzwerke brauchen

Mit der Vereinbarkeit von Kindern und Beruf ist es ja bekanntlich so eine Sache. Bei mir klappt es meistens ganz gut – was aber nur daran liegt, dass ich freiberuflich von zuhause aus arbeite. Was bedeutet: Wenn ein Kind krank ist, könnte ich trotzdem arbeiten. Denn ich bin ja eh zuhause. Und zur Not könnte ich ja auch abends arbeiten. Wenn die Kinder schlafen. Der Konjunktiv ist bewusst gewählt. Denn viel zu oft kann ich es nicht. Weil Theorie und Praxis wie so oft einfach auseinanderklaffen. Bisher habe ich es aber immer irgendwie hinbekommen. Bis letzte Woche ein krankes Kind und ein wichtiger Termin kollidierten und mir klar wurde: Das Ding mit der Vereinbarkeit ist und bleibt schwierig. Ohne Netzwerke geht es nicht für uns Mütter. Und damit meine ich nicht die sozialen Netzwerke. Sondern die echten, realen. Denn Facebook kann nun mal kein krankes Kind aus dem Kindergarten abholen!

Vereinbarkeit von Kind und Karriere: Ein Thema, das viele Mütter und Familien beschäftigt. Für eine gute Vereinbarkeit brauchen wir Mamas Netzwerke, die uns auffangen. Tipps wie das besser klappt und wie man als Mutter sich vor einem Burnout schützt - und auch noch Zeit für sich und für Achtsamkeit findet.

Früher bin ich als Journalistin viel gereist, mehrmals im Jahr. Auch mal kurzfristig nach Südafrika geflogen. Dass das nicht mehr in dem Maße drin ist, war mir vor der Geburt meiner Kinder klar. Seit ich Kinder habe, schreibe ich auch keine tagesaktuellen Zeitungsartikel mehr. Denn das wusste ich schon, bevor ich Kinder bekam: Kinder werden meistens ganz plötzlich krank und das auch noch immer dann, wenn es grad gar nicht passt. Seit ich Kinder habe, plane ich bei allen Aufträgen einen Zeitpuffer ein, schreibe für monatlich und sogar quartalsweise erscheinende Zeitungen und Zeitschriften oder gleich Bücher, für die ich ein halbes Jahr Zeit habe. Ein Monat Zeit um einen Text zu schreiben, das lässt sich auch mit Kindern vereinbaren.

Mit diesem Plan sollte das mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf doch klappen! Dachte ich. Sollte ein Kind krank werden, dann kann ich ja trotzdem tagsüber ein bisschen schreiben, während das kranke Kind sich gesund schläft und ansonsten abends eine Spätschicht einschieben. So eine Freiberuflichkeit und die Vereinbarkeit – das ist doch die perfekte Kombination!

Homeoffice Kind auf Schoß

Arbeiten im Home Office: So sieht es aus!

Vereinbarkeit: Theorie und Praxis liegen weit auseinander

Ja, in der Theorie schon. In der Praxis werden Kinder immer dann krank, wenn man kurz vorm Abgabetermin steht. Und nicht etwa am Anfang des Monats, wenn man noch reichlich Luft hat. Und das mit dem sich gesund schlafen ist auch nur so ein theoretisches Dingsbums. Ich weiß nicht, wie es bei Euren Kindern ist, aber meine halten noch nicht einmal mit 40 Grad Fieber Mittagsschlaf. Sie wollen beschäftigt werden. Das klappt mal mehr, mal weniger gut – besser beim Großen, schlechter beim Kleinen. Dreijährige haben das mit dem Selbstbeschäftigen nun mal noch nicht so gut raus wie Fünfjährige. Natürlich kann ich sie vorm Fernseher parken. Ich gebe zu: Wenn es wirklich brennt, dann mache ich das auch mal für eine Stunde, um einen wichtigen Text zu Ende zu schreiben. Aber länger nicht. Denn dann packt mich das schlechte Gewissen. Und selbst wenn das kranke Kind vor sich hin puzzelt, ein Hörbuch hört oder Holzperlen auffädelt – es ist ja nicht so, dass es das stundenlang hochkonzentriert macht. Da muss was gegessen werden, das Trinken ist alle, die Perlen fallen alle unters Sofa und man kommt nicht dran, die CD bleibt an einem der vielen Kratzer hängen und die Tiptoi Batterien sind leer. Ihr kennt das?! Und was das abends arbeiten betrifft – entweder ich schlafe mit den Kindern ein oder sie Kinder schlafen nicht ein.

Trotzdem hat es mit der Vereinbarkeit bisher immer irgendwie geklappt und ich musste noch nie einen Termin absagen und habe noch nie einen Abgabetermin verpasst. Nach fast 6 Jahren Muttersein! Zur Not konnte mein Mann einspringen, der aber beruflich sehr eingespannt ist, oder nachmittags meine Mutter. Letzte Woche war es dann aber soweit: Mir wurde deutlich, wie sehr die Vereinbarkeit von einem guten Netzwerk abhängt. Und dass wir Mütter mehr Netzwerke brauchen, uns mehr gegenseitig unter die Arme greifen müssen. In eben solchen Situationen.

Wenn ein krankes Kind die Termine durcheinanderwirbelt

Ein wichtiger Termin stand an. In einer anderen Stadt, ich musste mit dem Zug hin. Der ganze Tag war angesetzt, es ging um ein Riesenprojekt und war der Auftakttermin. Es durfte niemand krank werden! Mein Mann hatte auch zwei wichtige Termine, genau an diesem Tag. Und meine Mutter ist Lehrerin, kann sich also nicht einfach mal frei nehmen wie andere Arbeitnehmer. Es kam wie es nach Murphys Gesetz kommen musste: Kinder im Kindergarten abgeliefert, ich sitz im Zug und dann klingelt das Telefon. Als ich auf dem Display las „Kindergarten“ rutschte mir das Herz in die Hose. Kind hat Durchfall, schnell abholen. Ich saß im Zug, eine Stunde von Zuhause entfernt. Ein Glück hatte mein Mann grad seinen ersten Termin hinter sich, konnte das Kind abholen und wurde am Nachmittag pünktlich vor seinem zweitem Termin von meiner Mutter abgelöst. Mir blieb gar nichts anderes übrig, als im Zug sitzen zu bleiben, zu meinem Termin zu fahren und mich auf die Arbeit zu konzentrieren. Ich muss rückblickend sagen: Es war gut, dass ich im Zug saß. Mit dem Auto wäre ich wahrscheinlich einfach umgedreht.

Netzwerk und Abstimmen helfen bei der Vereinbarkeit

Was mir dieser Tag zeigte: Wir Eltern müssen uns über unsere Termin abstimmen. Es dürfen nie beide wichtige Termine an einem Tag haben. Denn kleine Kinder werden nun mal immer ganz plötzlich krank (genauso plötzlich wie sie ja ein Glück auch gesund werden). Und wenn wir beide wichtige Termine haben, dann müssen wir vorher schon einen Notfallplan haben. Nicht jeder hat seine Mutter im Nachbardorf wohnen. Und was, wenn mein Mann auf Geschäftsreise ist und ich einen wichtigen Termin habe?!

Was mir dieser Tag zeigte: Wir müssen uns nicht nur abstimmen. Wir brauchen auch ein besseres Netzwerk. Jemand, der in so einem Fall einspringen kann und das Kind abholen kann. Eine Freundin, die selbst Kinder hat. Verlässliche, liebe Nachbarn. Eine Freundin, die keine Kinder hat aber sich variabel frei nehmen kann. Einen Babysitter, der auch vormittags kann. Nachmittags ist es ja meist gar kein Problem – aber vormittags, wenn der gesamte Bekanntenkreis selbst arbeitet, braucht man Lösungen. Die man sich am besten rechtzeitig überlegt und durchspielt und nicht erst, wenn die K… am Dampfen ist.

Aber selbst, wenn man ein perfektes Netzwerk hat – bleibt noch eine Sache: Wenn mein Kind krank ist, will ich auch bei ihm sein. Mich um das Kind kümmern. Und dieses Gefühl der Zerrissenheit, das bekommt man auch mit einem Netzwerk nicht in Griff. Aber ich arbeite dran. Denn wenn man das Kind gut aufgehoben weiß, dann wird dieses Gefühl schon ein bisschen weniger. Oder zumindest besser ertragbar.

Wie handhabt Ihr das mit der Vereinbarkeit? Habt Ihr ein Notfallnetzwerk? Hattet Ihr auch schon Tage, an denen es überhaupt nicht geklappt hat mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf?

8 Kommentare zu “Vereinbarkeit: Warum wir Mütter Netzwerke brauchen

  1. Dein Blogbeitrag spricht mir aus der Seele! Und ich bin erst seit über einem Jahr lang wieder zurück im Beruf. Eigentlich müsste ich im Büro arbeiten und anwesend sein, dankenswerter Weise hat mein Chef auch zwei kleine Kinder daheim und weiß was da los ist. Also durfte ich auch bereits in Notfällen Homeoffice machen. Aber wie du sagst, genauso ein Netzwerk bräuchte es. Meine Mutter ist selbst noch Vollzeit-berufstätig, die Eltern meines Mannes leider viel zu weit weg. Mein Mann arbeitet in der Gastro, der kann ganz schlecht alles stehen und liegen lassen. Mir sprang schon zwei Mal meine beste Freundin ein, aber auch nur, weil sie (Lehrerin) damals Schulferien hatte. Die Uroma kann ich ja schlecht mein krankes Kind abholen lassen… schwierig ist das, vor allem weil jeder berufstätig ist. Meine Mamafreundinnen, auf die würde ich zählen können, bestimmt – nur ob sie sofort wegkönnten, wage ich auch zu bezweifeln.. und dann fahre doch lieber gleich ich los von der Arbeit. Ein schwieriges Thema, wirklich. Hut ab wie du das meisterst!! Liebe Grüße, Steffi

  2. Ich gehe ab nächster Woche wieder arbeiten. Vollzeit, mein Mann arbeitet ebenfalls den ganzen Tag. Wir wohnen 500km von unseren Verwandten entfernt. Mir graut es jetzt schon davor, wenn Leon mal krank wird und wir beide wichtige Termine haben. Im März, also in knapp 2 Monaten hat der Kindergarten nachmittags zu und wir beide können nicht. Ich hoffe, Leon kann bei einem Kindergartenfreund unterkommen. Das wird noch eine spannende Zeit.

  3. Hallo, Du hast das sehr schön auf den Punkt gebracht. Es gibt so viele Aspekte und manchmal passen sie nicht alle unter seinen Hut.
    Mein Vorgesetzter hat keine Kinder. Er ist trotzdem sehr verständnisvoll und ich kann mir kein besseres Arbeitsumfeld für meine Vereinbarkeitssituation vorstellen. Und doch spüre auch ich oft diese Zerrissenheit, zB wenn ein länger geplanter Termin ansteht, ich extra eine Präsentation dafür vorbereitet habe und dann genau an dem Tag eines der Kinder krank wird. Bei uns kann dann auch der Papa übernehmen, sofern er nicht selbst einen wichtigen Termin hat. Er ist selbständig. Er hat viel Arbeit, aber er kann auch mitten am Tag mal da sein. Und dann gibt es da auch noch das kleine Netz von Müttern und Vätern, die ihre und meine Kinder auch mal von der Schule mitbringen könnten. Manchmal teilen wir uns auch die Ferientage und hüten gegenseitig unsere Schulkinder. Und wir haben seit zwei Jahren nun auch die Oma in unserer Nähe.
    Wir sind also in schwierigen Situationen gut abgefedert. Und doch kann ich eines dabei nicht ignorieren: Wenn mein Kind krank ist, will es Mama. Jedenfalls, wenn es sich dabei um meine Jüngste handelt. Sie ist erst zwei und will nicht zur Oma und auch nicht zum Papa. Sie will dann nur auf Mamas Arm und kuscheln. Da nützt mir das beste Netzwerk nichts, denn mein Gewissen läuft Amok.
    In dem konkreten Fall hatte ich den Termin abgesagt und ihn neu geplant. Wenn eines der größeren Kinder krank gewesen wäre, hätte ich ihn wahrscheinlich durchgezogen und die Oma hätte ein paar Stunden auf sie aufgepasst. Wenn nichts ansteht, kann ich im Krankheitsfall auch ins Homeoffice wechseln oder ich nehme spontan einen halben Tag frei.
    Letztlich aber hast Du vollkommen recht: Vereinbarkeit funktioniert nur zusammen mit den richtigen Menschen um uns herum. :-)
    Ganz lieben Gruß, Martamam

  4. Das ist ja mal ein toller Post. Du bist auch Journalistin? Genau so ist es. Der Punkt mit der Zerissenheit ist für mich der wichtigste. Auch wenn man zuhause arbeitet und immer da ist, dann bleibt eben doch die Zerrissenheit, weil Termine eingehalten werden müssen, ich lange am Schreibtisch sitze und die Kinder sich eben doch selbst beschäftigen müssen. Und ohne Netzwerk geht gar nichts. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es gut ist, andere Mütter zu haben, andere Familien, bei denen man sich gegenseitig hilft. Das gibt einem auch selbst Freiraum, den man braucht, um keinen Burn out zu bekommen. Übrigens zum Burn out: Den könnte ich mir gar nicht leisten, denn wo soll in der Zeit das Geld herkommen? Wer soll die Kinder nehmen? Also finde ich es extrem wichtig, sich seine eigenen Freiräume zu nehmen, für sich selbst und auch für die Partnerschaft. Denn nur wenn die Mamas bei Kräften sind, funktioniert die Familie. Danke für deine ehrlichen Worte, das ist toll!

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