Brief an mein früheres Mama-Ich

Mein Kleiner wird nächste Woche drei Jahre alt. Und den Großen habe ich gerade in der Grundschule angemeldet. Die Zeit rast, meine Kinder werden groß. Immer wenn ich mir dessen besonders bewusst werde, denke ich zurück, wie es war, als meine Kinder auf die Welt kamen. Wie ich als junge Mutter vor der damals vollkommen neuen Situation, dem vollkommen neuen Leben mit vollkommen neuen Fragen stand. Ich machte mir so viele Gedanken, so viele Sorgen, wollte so viel wissen. Heute, mit etwas Abstand würde ich mein früheres Mama-Ich manchmal am liebsten nehmen und sagen: „Hey, es wird alles leichter. Die meisten Antworten kommen von selbst.“ Ich wünschte, damals hätte man es mir häufiger mal gesagt. Und deshalb schreibe ich diesen Brief nicht nur an mein früheres Mama-Ich sondern an alle jungen Mütter, die so wie ich damals, vor so vielen Fragen und Sorgen stehen. Liebe frischgebackene Mamas: „Verzweifelt nicht, alles wird besser. Einfacher. Und schöner.“

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Liebes frühere Mama-Ich,

die letzte Nacht war wieder schlimm, ich seh’s Dir an. Denk nicht drüber nach, ob sich der zweite starke Kaffee mit dem Stillen verträgt. Es ist in Ordnung. Trink ihn, er wird Dir gut tun. Und nimm Dir die Zeit, beim Trinken einfach mal die Augen zu schließen, den Milchschaum zu genießen, einfach mal kurz abzuschalten. Es ist schwer, aber glaube mir, selbst eine Minute Kaffee nur für Dich alleine, das tut gut. Auch wenn Du grad nicht weißt, wie Du den Tag überstehen sollst nach dieser Nacht mit allen zwei Stunden Stillen und Babyschaukeln und wieder aufwachen kaum, dass Du eingeschlafen warst: Irgendwie geht es immer. Wie oft habe ich gedacht, diesen Tag überstehe ich nie, vor allem beim zweiten Kind, als da immer jemand da war, der die Mama einforderte und keine Ruhepausen zuließ. Aber glaub mir: Es geht. Irgendwie klappt es immer. Und es wird besser. Früher oder später. Aber sie kommen wieder, die Tage, an denen man morgens voller Energie aufsteht und feststellt: Heute Nacht habe ich durchgeschlafen!

Da sitzt Du nun mit Deinem extra starken Kaffee, das Baby auf dem Arm, was nicht mal wieder den ganzen Tag nicht ablegen lässt: „Mein Tag besteht nur noch aus Stillen und Windeln wechseln.“ Wie oft habe ich das gedacht, als meine Kinder klein waren!

Wenn das tägliche Highlight der Spaziergang an der frischen Luft und der Coffee to go war. Der Moment, in dem man einfach mal rauskam, nur bei sich und seinen Gedanken sein konnte. Und sich aber manchmal auch einsam fühlte, weil man da so reinkatapultiert wurde in das neue Leben und längst nicht alle Freunde mitgefolgt sind in diese Welt und längst nicht alle verstanden, worum sich das eigene Leben auf einmal dreht. Und dann suchte man sich all diese Babykurse, um mal rauszukommen, mit anderen zu sprechen.

Brief an mein früheres Mama-Ich: DAs Leben mit Baby ist rückblickend viel leichter als gedacht - Erziehung auch.

Das gute Gefühl: Ich bin nicht allein, anderen geht es auch so!

Wenn ich heute größere Gruppen von jungen Müttern mit ihren Kinderwagen ein Café entern sehe, dann fühle ich mich sofort zurückgebeamt in eben diese Anfangszeit mit Kind. Und man diese Gespräche mit anderen Müttern so brauchte, um eben zu sehen, ich bin nicht allein mit all den Gefühlen und Problemen. Aber, liebes frühere Mama-Ich, irgendwann werden Dich diese Gespräche und Müttergruppen nerven und Du wirst Dich fragen: Werde ich jemals wieder über andere Dinge sprechen? Ja, das wirst Du. Aber es ist normal, dass sich jetzt Deine Gedanken, Deine Gespräche fast nur um dieses kleine Geschöpf und seine Windelinhalte und ersten Entwicklungsfortschritte drehen. Das geht uns allen so.

Liebes frühere Mama-Ich, lass das mal mit dem Aufräumen. Du fragst Dich, wieso Du eigentlich nichts im Haushalt geschafft hast, obwohl das Baby doch alle paar Stunden schläft? Es ist egal. Ich habe diese Antwort auf die Frage nie gefunden. Aber der Haushalt kann warten. Wenn Deine Kinder groß sind, zählen nicht die Momente des aufgeräumten Haushalts, sondern die Glücksmomente.

Glaub‘ mir, die Erinnerung an das erste bewusste Lächeln des Babys zählt mehr als die Erinnerung an einen blitzsauberen Küchenfußboden.

In Sachen Haushalt wird es nicht unbedingt besser, diese Erwartung möchte ich gleich mal relativieren. Denn je größer die Kinder werden, umso mehr Chaos machen sie, vor allem, wenn dann noch ein Geschwisterchen als Verstärkung kommt. Aber man lernt, mit dem Chaos zu leben. Ich habe mich arrangiert.

Das Leben mit Kind wird einfacher!

Liebe frischgebackene Mama, die Tage können lang werden mit Baby. Es ist okay, sich auch mal zu langweilen. Es ist okay, wenn Du nicht 24 Stunden am Stück Rasseln vor den Babyhänden hin und herführen möchtest. Aber glaube mir: Es geht so schnell vorbei und es kommt der Tag, an dem Du Dich zurücksehnst nach den leuchtenden Babyaugen, wenn man das Mobile antippt. Der Tag, an dem Du gerne noch einmal mit dem Baby auf dem Arm auf dem Sofa einschlafen möchtest und an den Haaren schnuppern, diesen Babyduft einatmen möchtest. Ich kenne sie nur zu gut, die Tage, an denen die Babys nur getragen werden wollten, an denen meine Jungs abends nonstop von 20 bis 23 Uhr gestillt werden wollten – und wie ich manchmal kurz vorm Wahnsinnigwerden war.

Und heute hätte ich gerne abends auf dem Sofa noch mal wieder ein kleines Baby im Arm statt meinem Strickzeug. Wie oft war ich genervt, wenn ich einfach keine einzige Mahlzeit zu mir nehmen konnte, ohne das Baby auf dem Schoß zu haben und wie ich mir manchmal wünschte: Einfach nur mal mit Messer und Gabel essen, solange das Essen noch warm ist. Heute freue ich mich, wenn einer meiner Jungs zu mir auf den Schoß kommt und mit mir Kuscheln will. Die ungelesenen Bücher, die Du nicht geschafft hast, sie rennen nicht weg. Die Kinder irgendwann schon.

Glaube mir, liebes frühere Mama-Ich, es wird alles einfacher. Das Leben ist nun anders, aber es ist gut so. Aber man darf es auch mal doof finden, man darf auch mal denken „ich kann nicht mehr“ und man darf auch mal genervt sein. Das geht uns allen so und niemand ist perfekt. Glaube mir, man muss Prioritäten setzen. Das macht alles einfacher. Und die Dinge zulassen, so wie sie sind.

Du  bist genervt von dem ewigen Babybreifüttern und dieser Matschpampe überall? Ein halbes Jahr später löffeln die Kleinen selbst. Klingt erstmal lang – ist es aber nicht. Liebes frühere Mama-Ich, Du denkst manchmal, dass die Zeit zäh ist, gerade in den Momenten, in denen Dir alles zu viel wird. Du fieberst hin auf den Tag, an dem Du wieder ausschlafen kannst. An dem Du endlich wieder alleine essen kannst. An dem Du ausgehen kannst ohne schlechtes Gewissen. An dem Du das Bett wieder für Dich selbst hast. Aber glaube mir, die Zeit vergeht viel zu schnell. Und ehe man sich versieht, sind die Kinder groß. Und man liegt da im viel zu großen Bett und denkt sich: Ach, es war doch schön, unter eine vorgewärmte Bettdecke zu schlüpfen und den ruhigen Kinderatem neben sich zu hören.

Und was den Babybrei betrifft: Entspanne Dich.

Es ist nicht so wichtig, wie man am Anfang glaubt, dass die Babys um Punkt 12 Ihren Mittagsbrei bekommen. Passe es Deinem Tagesablauf an und nicht Deinen Tagesablauf an die Essenszeiten der Babys. Unterwegs geht auch Brei aus dem Glas und der kann auch ruhig kalt sein. Und man kann auch ohne Probleme mittags unterwegs den Obstbrei füttern und nachmittags erst das Gemüse. Die Kinder wachsen trotzdem. Mach‘ Dir keinen Kopf. Und überhaupt – grübel nicht nach über diese ganzen Ernährungsmissionen mit Baby Lead Weaning und Brei und überhaupt. Man hat ja immer das Gefühl, es gibt nur entweder oder. Vertrau Deinem Bauch, Deinem Kind. Man kann auch beides mischen. Und überhaupt dieser ganze Absolutismus, der bei manchen Müttern vorherrscht: Halte Dich raus, mache Dir keine Gedanken, wähle Deinen Weg. Man kann lange Stillen, das Familienbett pflegen und trotzdem Wegwerfwindeln benutzen und zum Babybreigläschen greifen. Es gibt nicht nur schwarz und weiß, jeder findet seinen Weg. Liebe junge Mama – lass Dich nicht anstecken und verunsichern von diesen Glaubenskriegen, die Mütter manchmal führen. Jeder geht seinen eigenen Weg – nimm Du einfach Deinen.

Was ich gerne vor der Geburt gewusst hätte: Brief an mein früheres Mama-Ich. Gedanken, die Eltern beruhigen sollen.

Den Moment genießen, denn Kinder werden so schnell groß

Liebes frühere Mama-Ich, Du hast das zweite Kind bekommen und bist hin und hergerissen zwischen den beiden Kindern? Du fragst Dich, wie zum Teufel das klappen soll, wie man beiden Kindern gerecht wird und ob dieses Gefühl „ich zerreiße mich“ irgendwann besser wird? Ja, es wird besser. Es kommt immer mal wieder. Aber man wächst mit seinen Aufgaben. Kinder sind lernfähig. Du bist lernfähig. Und Du wirst sehen: Beim zweiten Kind wirst Du entspannter sein, die Dinge lockerer sehen und somit leichter durchs Mamaleben kommen.

Die Zeit vergeht viel zu schnell und was ist ein Jahr nicht durchschlafen können im Vergleich zu der Dauer des ganzen Lebens? Es wird alles einfacher und rückblickend kann ich nur sagen: Genieße die Momente, sei ehrlich zu Dir selbst und ja, es ist okay, wenn man mal genervt ist, nicht mehr kann und nicht mehr will. Es geht vorbei, es wird besser. Und schon ganz bald kannst Du Dir das Leben ohne die Kinder nicht mehr vorstellen. Bei allem Chaos, das Leben mit Kindern ist das Schönste, was es gibt. Und wenn das Chaos allzu groß wird, das Chaos im Haus, das Chaos der Gefühle, dann denke dran: Es geht uns allen so. Du bist nicht allein!

Halt durch,

Deine Nathalie

Und PS: Schlaf wird eh überbewertet.

 

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25 Kommentare zu “Brief an mein früheres Mama-Ich

  1. Ach man. Das hast du so unglaublich schön geschrieben. Ich musste gleich heulen 😏
    Das werde ich mmich abspeichern und immer mal wieder vorkramen 😉
    Danke dir für die Zeilen.
    Liebste Grüße,
    L. mit Mini M.

  2. Ich erinnere mich sehr gerne an die Babyzeit, meiner Kinder, habe gerne gestillt und war voll sie da. Jetzt sind sie 6 und 4 Jahre alt. Und ja, um diese Jahreszeit (Weihnachten/Silvester/Geburtstag meiner Großen im Februar) kommen mir auch immer die Gedanken, wie schnell die Zeit doch vergeht, wie schnell sie groß werden und werde sentimental. Mein „Groß-Baby“ wurde heuer eingeschult – hatte sie nicht erst eben in der Krippe begonnen? Gerade beim Lesen dieses tollen Artikels sind gerade wieder die Gefühle hochgeschwappt…
    Aber dann sehe ich die schönen Seiten meiner jetzigen Situation mit größeren Kindern: sie sind selbständiger, ich habe wieder Zeit für mich. Ich muss nicht mehr jeden Schritt zu 100% überwachen. Wir können Dinge unternehmen und tun, die vor einigen Jahren nicht so leicht (wenn überhaupt) möglich gewesen wären. Wir essen wieder von einem schönen Geschirr, Dekorationen werden nicht gleich dem Erdboden gleich gemacht und es gibt lichte Momente, in denen die beiden lieb zusammen spielen. Letzten Sommer hatte ich doch tatsächlich einmal ein Buch mit am Spielplatz und habe gelesen!!!!
    Und sie brauchen mich immer noch – wenn auch in anderer Form. Ich muss meine Tochter zB in der Früh nicht mehr Anziehen, dafür aber erzählt sie mir viel von ihren Gedanken und wir führen wirklich gute Gespräche. Kuscheln kommen sie noch immer gerne (am besten gleichzeitig) und ja, sie schlafen auch noch bei mir im Bett. Auch das genieße ich (und mitunter nervt es, wieder ein Bein ins Kreuz zu kriegen oder von einem „MAMA, kuschi“ – Anm kuscheln – um 3:00 Früh geweckt zu werden). Und da sage ich mir mein Mantra „Moment genießen, Moment genießen, Moment genießen“ denn wer weiß, wie es morgen, in einem Monat oder nächstes Jahr aussieht…

  3. Vielen lieben Dank für diesen schönen Artikel :) Der Frechdachs ist zwar noch keine zwei Jahre alt, aber ich habe auch schon das eine oder andere festgestellt, bei dem ich entspannter hätte sein können. Hinterher ist man immer schlauer :D

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