Bahnfahren mit Kinderwagen: Spaß ist was anderes

Da ich mitten in der Innenstadt wohne, erledige ich alles zu Fuß – oder wenn es weiter weggeht mit dem Auto. Ganze selten muss ich mal Bus oder Bahnfahren. Während meine Kinder es superspannend finden, vermeide ich das Bahnfahren, wo es geht. Freitag musste ich aber mal wieder Zugfahren und wurde dran erinnert, wieso ich die öffentlichen Verkehrsmittel ungern benutze – mit Kinderwagen oder Buggy und Kind an der Hand.

Bahnfahren mit Kindern: Bericht über die fehlende Kinderfreundlichkeit in unserer Gesellschaft und bei der Bahn. So macht es keinen Spaß.

Hand hoch, wer den Hamburger Hauptbahnhof kennt?! Wer schon mal an einem Freitagnachmittag mit dem Zug dort abfahren wollte, der hat jetzt wahrscheinlich das typische Bild vor Augen: Menschenmassen, die sich auf dem Bahnsteig und an den Gleisen drängen und schieben. Züge kommen an, spucken Menschen aus, andere drängen hinein, Züge fahren wieder ab. Der nächste Zug kommt und so geht es weiter – die Menschenmassen nehmen kein Ende. Ich mag kein Gedränge, ich mag es nicht, Leuten auszuweichen, plötzlich stoppen zu müssen, andere Leute in den Hacken zu haben, Rollkoffer über meine Füße fahren zu lassen.

Aus der Perspektive meines fünfjährigen Sohnes muss das Gedränge noch furchtbarer aussehen: Sein Kopf ist ungefähr auf Popohöhe der meisten Menschen. Er sieht also nur die Hinterteile fremder Menschen und davon furchtbar viele. Und die Menschen, die zu diesen Hinterteilen gehören, sehen ihn meist nicht, denn sie sind selbst  viel zu beschäftigt damit, anderen auszuweichen und ihre Trolleys am Bahnsteig umher zu bugsieren.

Mit Kind und Buggy am überfüllten Bahnhof ist einfach nur Stress

Ich packe meinen Sohn zwischen meine Arme, die den Buggy mit dem Kleinen schieben. Der sieht auch nicht mehr als Popos und Kniekehlen, die Koffer rollen an Kopfhöhe vorbei. Im Zickzack suchen wir unser Gleis. Achja, Bahnfahren mit Kindern ist doch immer wieder ein echtes Erlebnis! Doch plötzlich bleiben wir stehen: Zu unserem Gleis führt nur eine steile Treppe – 30 Treppenstufen, mindestens. Mit Buggy? No way. Wir schauen uns um. Die Rolltreppe fährt nur hoch, nicht runter. Der Fahrstuhl ist nur vom anderen Eingang aus erreichbar. Das heißt: Einmal durchs Gedränge raus, halb um den Bahnhof rum, auf der anderen Seite rein, auf den langsamen Fahrstuhl warten, in den nicht mehr als 2 Kinderwagen passen und dann bis ans Ende des Gleises laufen, wo das Fahrradabteil ist. Ein Umweg von 600 Metern, in dem Gedränge hätten wir es nicht pünktlich geschafft.

An uns vorbei drängen die Menschen, hektisch, wie an Bahnhöfen so üblich. Viele gehen vorbei bis endlich zwei nette Männer anbieten, dabei zu helfen, die Buggys zum Gleis zu tragen. Dort stehen wir dann in der wartenden Menge und versuchen ans Ende des Gleises zu kommen, wo der Zug sein Fahrradabteil hat.

Denn diese Bahn ist eine Doppelstockbahn. Das heißt: Drei Stufen beim Einsteigen. Dann ein Minitreppenhaus ohne Sitzplätze und Treppen nach oben und nach unten. Mit Buggys nicht machbar, abgesehen davon, dass es in den Zugabteilen auch gar keine Abstellfläche für Kinderwagen gebe.

Bahnfahren, Holzeisenbahn, zugfahren mit Kindern

Meine Kinder finden Bahnfahren furchtbar aufregend – ich auch, aber auf eine andere Art und Weise als sie.

Mit Kinderwagen oder Rollator oder Rollstuhl bleibt nur das Fahrradabteil – und da muss man erstmal hinkommen! Das Fahrradabteil ist nämlich am Ende des Zuges. Entweder ganz hinten oder ganz vorne. Aber wir stehen so ziemlich in der Mitte! Denn in dem Gedränge bleiben wir einfach stecken. Platz für eine Mutter mit Kind und Buggy machen? Auf die Idee komme keiner. Jeder versucht, so schnell wie möglich in den Zug zu kommen, während die angekommenen Passagiere noch am Aussteigen sind. Schließlich will man ja auch einen Sitzplatz ergattern. Wir entschließen uns, einfach in ein normales Abteil einzusteigen.

Überall Stufen, Stufen, Stufen in der Bahn und am Bahnhof: Barrierefrei ist was anderes

Leichter gesagt als getan. Drei Stufen, der breite Spalt zwischen Bahnsteigkante und Zug: Mach das mal einfach so mit einem Buggy oder Kinderwagen! Genervte Fahrgäste drängeln an uns vorbei, meckern, dass wir da so im Weg stehen. Glücklicherweise gibt es doch noch ab und zu nette Menschen und das sind diesmal wieder zwei junge Männer, die uns helfen, die Buggys reinzuhieven.

Mit denen stehen wir nun ziemlich im Weg. Treppen nach oben, Treppen nach unten. Zu nächsten Waggon eine kleine Automatiktür, durch die kein Kinderwagen oder Buggy passen würde. Wir stehen also irgendwie mitten im Weg mit unseren Buggys, die Leute drängen an uns vorbei, stehen um uns rum, der Zug fährt los. Geschafft! Immerhin im Zug!

Aus dem Zug raus kommt man übrigens auch nur mit Hilfe – die Treppen sind zu hoch und zu steil, der Spalt zur Bahnsteigkante zu groß. Aber immerhin ist der Fahrstuhl sichtbar ausgeschildert und Platz für uns ist dort auch.

Puh!

Bahnfahren mit Kinderwagen ist doch immer wieder ein Vergnügen! Barrierefreiheit? Nee, irgendwie nicht so richtig.

Wenn man nur von A nach B fahren will und mit Begleitung unterwegs ist, die einem beim Heben hilft, dann geht das noch. Wenn man genug Zeit hat, die Bahnfahrt mit Kindern zu planen und sich vom Bahnservice helfen lässt, geht es auch. Doch für diesen Mutterkindservice muss man sich vorher anmelden. Mal eben spontan mit Kindern Bahnfahren geht nicht.

Und wenn man umsteigen muss, innerhalb kurzer Zeit Gleise wechseln muss, auf Fahrstühle oder helfende Hände angewiesen ist (ich habe es auch schon mehrmals erlebt, dass Fahrstühle kaputt waren)  – dann ist der Stresspegel schnell hoch. Spaß ist das nicht. Behindertengerecht und kinderwagenfreundlich auch nicht unbedingt. Ich bin jedenfalls froh, dass ich nicht so bald wieder mit dem Buggy Bahnfahren muss. Wobei man ja auch in der Innenstadt immer wieder schöne Erlebnisse mit Kinderwagen hat, im Kaufhaus etwa, wenn die Leute einem nicht die Türen aufhalten oder auf dem Fußweg keinen Platz machen, so dass man mit dem Kinderwagen den Kantstein runter und wieder hochrumpeln muss…

Wie nahezu erholsam war es doch beim Bahnfahren mit Kindern, als zumindest eines der Kinder in die Babytrage konnte! Doch dafür sind meine Jungs zu schwer. Und während ich den Buggy im Gedrängel am Bahnhof schiebe, ist da ja auch immer noch der Große, der meine Hand fest umklammert hält. Ihn dort in den Menschenmassen zu verlieren: Was für ein Albtraum!

Kennt Ihr das auch? Hattet Ihr auch schon so tolle Erlebnisse mit dem Kinderwagen in Bus oder Bahn?  Müsst Ihr oft die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen? Wie sind Eure Erfahrungen mit Mitreisenden – helfen die Euch?

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16 Kommentare zu “Bahnfahren mit Kinderwagen: Spaß ist was anderes

  1. Ehrlich gesagt finde ich Bahn fahren mit Kinderwagen recht entspannt! Locker ran gehen, genug Zeit einplanen, notfalls jemanden nett um Hilfe bitten-dann läuft es schon!

  2. Auch ich bin jetzt bereits da zweite mal mit kleinkind (1 jahr alt)und buggy Zug gefahren und hatte dagür den Mobilitätsservice der Bahn in Anspruch genommen. Damit hat alles super geklappt und ich kann mich nicht beschweren. Die Bahnmitarbeiter haben beim ein- und aussteigen geholfen, kann ich auf langen Strecken nur empfehlen.

    Schöne Grüße,
    Katharina

  3. Hallo, ich habe den Mobilitätsservice der Bahn gebucht. Das hat super geklappt. Am meinem Umsteigebahnhof in Göttingen hat ein Mitarbeiter der Bahn auf meinen Sohn und mich gewartet. Er hat den Buggy rausgehoben und uns zum nächsten Gleis begleitet. Dort hat er uns wieder in den Zug hineingeholfen. Dieser Service ist kostenlosund kann von jedem einfach gebucht werden. Ich war auch skeptisch ob alles klappt bei nur 8 Minuten zum umsteigen. Aber das war super. Ich kann der Bahn viel vorwerfen aber wer nach Hilfe fragt bekommt sie in den meisten Fällen auch

    • Ah – davon habe ich noch nie gehört! Aber das klappt wahrscheinlich nicht, wenn man relativ spontan fährt, oder? Und ich bin mir nicht sicher, ob das bei dem Gedränge am Freitag geklappt hätte… ich werde jedenfalls, wenn es sich einrichten lässt, die Rushhour meiden…

  4. Der Hauptbahnhof in Hamburg ist wirklich nicht das beste Beispiel für Barrerefreiheit :/ Ich fahre jedes Wochenende mit meinen Kindern mit der Bahn zu meinen Eltern. Meine Kinder lieben es. Aber einen Kinderwagen nehm ich nie mit, meine Eltern mussten sich einen kaufen und das Baby kommt ins Tuch/Trage, sonst muss ich wirlich 20Minuten mehr einplanen um am Hbf. umsteigen zu können…
    In ein paar Wochen wollen wir mit der Bahn in Urlaub fahren. Und auch da kommt wieder kein Kinderwagen mit, ich habe uns für den Urlaub beim Fahrradverleih vor Ort einen Hänger, der auch als Buggy genutzt werden kann, gemietet.
    Bahnfahren tu ich oft und viel, Autofahre vermeitde ich. Aber Bahnfahren mit Kinderwagen schließe ich aus :)

    • Als die Kinder noch klein genug waren, habe ich auch immer nur die Manduca dabei gehabt. Aber dafür sind sie nun zu groß. Und den Zweijährigen im Gedränge tragen, dabei den Fünfjährigen an der Hand haben und noch ne Tasche… geht nicht. Ich hatte schon extra den Buggy statt der großen Sportkarre genommen – aber er war trotzdem noch zu schwer und groß.

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