Nervige Ratschläge an Eltern: Wieso müssen sich Mütter ständig rechtfertigen?

Wieso muss man sich als Mutter eigentlich ständig rechtfertigen? Wieso kann man es niemanden recht machen? Irgendjemand hat immer etwas auszusetzen. Und das nervt! Viel zu oft geht es dabei um das Thema „Arbeiten oder nicht Arbeiten“. Da hat ja jeder seine eigene Meinung und das ist auch okay so. Nur wollen viele Außenstehende einem ihre eigene Meinung als die einzig ultimativ richtige verkaufen und das noch mit einem nervigen Ratschlag verknüpfen. So wie die Dame in der Eisdiele, die mich seufzend fragte: „Und müssen Sie arbeiten oder können Sie sich ganz den Kindern widmen?“

Ungebetene Ratschläge an Mütter: Hat Sie jemand nach Ihrer Meinung gefragt?

Achja. Es war ein schöner sonniger Sommertag. Wer will an so einem Tag schon ungebetene Ratschläge?! Ich saß mit meinen beiden Jungs gemütlich bei einem Eis, hatte sie gerade abgeholt und läutete den Nachmittag mit einem Eisbecher ein. Der Große erzählte vom Kindergarten, der Kleine begrüßte jeden vorbeifahrenden Bus mit einem begeisterten „Bus! Bus!“. Sprich: Sie waren beide extrem niedlich, was man halt so denkt, wenn man mal entspannt und ohne den elendigen Geschwisterstreit im Eiscafé sitzt. Die Sonne schien, keiner schrie rum und ein Spielplatzbesuch stand auf dem Programm.

Die ältere Dame am Nebentisch schlürfte ihren Eiskaffee und schaute immer wieder entzückt zu meinen Jungs, die sich grandios ihre T-Shirts vollkleckerten und mit ihrem Schokomund immer mehr verwegenen Piraten mit Vollbart glichen. Irgendwie schien mir, dass dieser Dame eine Frage auf dem Herzen lag. Sie machte mehrere Ansätze, sagte dann etwas von „Ach, sind die niedlich“, was man halt so sagt, Smalltalk im Straßencafé. Wie alt sind die denn, eineinhalb und vier, so groß für ihr Alter , achja, so ein schönes Alter, sie werden ja so schnell groß.

Wieso müssen sich Mütter ständig rechtfertigen? Wieso mischen sich alle ungefragt in die Erziehung und die Fámilie ein?

Jeder meint es besser zu wissen in Sachen Erziehung

Doch schließlich platzte sie raus, und ich merkte, dass es sie schon die ganze Zeit beschäftigte:

Und, müssen Sie Arbeiten oder können Sie sich ganz den Kindern widmen?

Aha. Ein ungebetener Ratschlag. Jeder meint es besser zu wissen in Sachen Erziehung. Es war schon am Tonfall klar, dass sie es ganz und gar nicht gut findet, wenn man als Frau arbeiten geht und nicht bis zur Pubertät der Kinder ganz für die Kinder (und den Haushalt natürlich, ach klar und den Mann auch, einer muss ja die Wäsche waschen!) da ist. Ich murmelte was von „Ich muss nicht, aber ich will“, doch sie wartete meine Antwort gar nicht ab, sondern fing an mir einen Vortrag zu halten wie schrecklich es ist ist, dass die Mütter heutzutage alle arbeiten gehen und keine Zeit mehr für die Kinder haben, und überhaupt, schrecklich sowas, ein kleines Kind, das braucht doch seine Mutter, also rund um die Uhr natürlich, früher da war doch alles besser, und man sieht es ja an den Kindern heutzutage, was dabei rauskommt, keine heile Welt mehr, auf nichts mehr Verlass und benehmen, also BENEHMEN können die sich ja gar nicht mehr, woher sollen sie das auch gelernt haben, die Mütter waren ja immer arbeiten. Ganz schrecklich sowas.

Und überhaupt!

Jeder Satz endete mit einem Ausrufezeichen!

Kind Brei Beikoststart

Das Kind die Schüssel ausschlecken lassen?! Wie kann man nur. Da wird sich auch gern mal eingemischt bei den Tischregeln…

Eltern im Stress:Vor allem damit, sich ständig zu rechtfertigen

Kennt Ihr, liebe Eltern, oder? Die Leute, die sich ständig in das Privateste der Welt einmischen – das Familienleben. Jeder weiß es besser, wenn es um die Kinder geht. Und ständig müssen wir uns für irgendwas rechtfertigen. Es ist wie mit diesen Passanten, die einem ungefragt Ratschläge gebe, wenn das Baby weint: „Das hat bestimmt Hunger.“ (Ja, seine Milch tropft bereits aus meiner Brust und weicht die Stilleinlage auf, aber was soll ich machen, ihm hier an der Kasse die Brust geben?) Mein Lieblingssatz auch: „Das Kind braucht doch eine Mütze!“  Aber darüber hatte ich mich ja schon mal aufgeregt, das könnt Ihr hier nachlesen.

Kaum ist man Mama, prasseln die Ratschläge von allen Seiten auf einen ein. Jeder will es besser wissen. Und alle sind sie felsenfest von ihrer Meinung überzeugt. Es fängt schon mit dem positiven Schwangerschaftstest an. Dabei gibt es doch nichts Privateres als das eigene Kind, die Erziehung, das Familienleben. Wieso meint die ganze Welt, sich immer einmischen zu müssen?

Wieso müssen sich alle in die Erziehung unserer Kinder einmischen?

Klar, viele meinen es nur gut. „Es ist ja nicht böse gemeint.“ Man will ja keinem zu nahe treten. Und manche suchen auch nur ein Smalltalkthema, um ins Gespräch zu kommen und ein bisschen Zeit zu haben, das süße Baby zu bewundern. Aber dann kann man auch einfach nur sagen „Wie süß“ und fragen, wie alt die Kinder sind und wie sie heißen. Reicht das nicht? Leider kommt in 80 Prozent der Fälle immer noch irgendein Ratschlag hinterher. Ein ungefragter Ratschlag, wohlgemerkt.

Und in Sachen nach der Geburt wieder arbeiten gehen – da entwickelt doch jede Familie ihr eigenes Modell. Für jede Lebenssituation. Hausfrau, Teilzeit, Vollzeit – das muss jeder selbst entscheiden. Ich fühle mich wohl mit meiner Teilzeit und der Freiheit, meine Kinder auch mal früher abzuholen, wenn ich sie vermisse oder das Wetter schön ist (ich weiß auch, dass es Luxus ist mit meiner Freiberuflichkeit, mir ist auch klar, dass viele Mütter nicht freiwillig arbeiten sondern es tun, damit die Familie überhaupt über die Runden kommt. Auch dass es Mütter gibt, die gerne Teilzeit arbeiten wollen, aber von ihrem Arbeitgeber keine Chance dazu bekommen).  So entwickelt jeder sein Modell. Wir unseres.

Und Ihr habt vielleicht ein ganz anderes Modell entwickelt – weshalb ich auch keinen Vortrag halten werde, welches Modell ich am besten finde und was ich gar nicht gut finde.

Jede Familie entwickelt ihr eigenes Modell – mehr Toleranz bitte!

Weil es mich nichts angeht, wie es bei Euch abläuft. Weil es jeder selbst entscheidet, wie er seine Kinder erzieht. Und am wenigsten geht es diese wildfremde Frau auf der Bank neben mir an. Ja, vielleicht tue ich ihr unrecht. Sie wollte vielleicht nur nett sein, Solidarität zeigen mit den arbeitenden Müttern. Aber muss man dann gleich mit seinem eigenen Weltbild hervorplatzen und das ganze zu einem Vorwurf machen?

Ich ärgere mich,  dass ich mich trotzdem ständig rechtfertige

Ich ärgere mich auch über mich selbst. Dass ich ständig das Gefühl habe, mich rechtfertigen zu müssen. Dass ich diese ganzen ungefragten Ratschläge und Nervfragen nicht einfach an mir abprallen lasen kann. Gerade, wenn es um dieses Thema Arbeiten und Kinderbetreuung geht.

Man kann es als Mutter einfach niemandem recht machen.

Einer meckert immer.

Und besonders gerne meckern Mütter über Mütter – machen es sich gegenseitig schwer, anstatt zusammenzuhalten.

Also sollte man einfach sein eigenes Ding drehen und es vor allem sich selbst und seinen Kindern recht machen. Das ist doch das Wichtigste: dass es uns dabei gut geht.

Wie geht es Euch mit ungebetenen Ratschlägen in Sachen Erziehung? Habt Ihr auch so oft das Gefühl, Euch als Mütter rechtfertigen zu müssen? Wie geht Ihr mit nervigen Fragen um? Prallt das an Euch ab? Oder ertappt Ihr Euch auch immer wieder dabei, dass Ihr Euch rechtfertigt, obwohl Ihr es gar nicht wollt?

Stillen, Babytragen, Familienbett: Themen, die fast missioniert werden

Man verfällt ja manchmal schon in einen Automatismus. Wobei ich beim zweiten Kind schon etwas besser damit umgehen kann und dieses halbwegs souveräne höfliche Lächeln entwickelt habe, mit dem ich Mützen- und Kindhathunger-Ratschlägen begegne. Ja und ich gebe es zu: Auch ich weiß manchmal etwas besser als andere. Und insgeheim denke ich „Mannomann, die könnte aber jetzt auch mal strenger zu ihrem Kind sein.“ Oder: „Sie ist ja ein bisschen sehr vorsichtig, was das Kind angeht, man muss seinem Kind auch was zutrauen.“

Klar. Man macht sich seine Gedanken, bildet sich seine Meinung und mein Mann muss sich auch manchmal von mir einiges anhören, was ich so denke – aber nur meinem Mann sage. Mit ungebetenen Ratschlägen halte ich mich bewusst zurück (es sei denn, es ist etwas, was den Kindern schadet, zb, wenn ich sehe, dass eine Freundin einem kleinen Baby Honig füttern will, das kann halt einfach tödlich enden, da mische ich mich schon ein). Aber bei allem, was die Privatsphäre betrifft, Dinge wie Familienbett, im Tragetuch tragen, Stillen, nicht Stillen, Teilzeit, Vollzeit – das muss jeder selbst entscheiden. Und genauso will ich umgekehrt, diese Dinge auch für MICH selbst entscheiden können.

Oder wie seht Ihr das?

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17 Kommentare zu “Nervige Ratschläge an Eltern: Wieso müssen sich Mütter ständig rechtfertigen?

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