Fliegen mit Kindern: Tisch auf, Tisch zu und bloß nicht anschnallen!

Urlaubszeit. Ich war mit beiden Kindern alleine unterwegs. Den Opa besuchen. Mit Kindern im Flugzeug. Was soll ich sagen? Was früher bedeutete, eineinhalb Stunden Zeitschrift lesen und schlechten Kaffee trinken, war nun ein Dreikampf zwischen Kind festhalten, Kind trösten, Kinder dranhindern, am Vordersitz zu rütteln, Kinder dran hindern, Wasser zu verschütten und Konfettti aus der Serviette zu machen und zu hoffen, dass dieser blöde Flieger so schnell wie möglich Hamburg erreicht. Ja. Alleine fliegen mit zwei Kleinkindern. Ein Riesenspaß. Dass das jetzt ironisch gemeint ist, muss ich nicht hervorheben, oder?

SONY DSC

Über den Wolken: Allein mit zwei Kindern, was für ein Spaß!

Mit zwei Kindern alleine auf dem Flughafen

Der Papa musste arbeiten, also nahm ich meine beiden Jungs und flog alleine. Es war nicht der erste Flug. Wir sind schon häufiger geflogen und letztes Jahr war ich auch schonmal mit beiden Kindern alleine im Flieger unterwegs. Nur: Der Kleine war da noch wirklich klein, saß friedlich in seiner Babyschale und konnte sich am Flughafen auch nicht aus eigener Kraft irgendwohin bewegen, sondern ließ sich in der Manduca zufrieden glotzend durchs Terminal tragen.

Der Kleine ist nun 20 Monate alt und läuft – schnell. Und vor allem weg. Ständig. Oder er will auf dem Arm getragen werden. Was auch nur kurzfristig besser ist als ein weglaufendes Kleinkind. Aber ich will von vorne anfangen.

Autositze, Koffer: Schlange am Gepäckschalter, statt mit Handgepäck zum Gate sprinten

Wir also am Flughafen beim Einchecken. Mit dabei nicht wie früher ein sportlich kleines Handgepäck. Stattdessen: ein Koffer, ein Rucksack, eine Handtasche und das Schlimmste: zwei Autositze. Sperrig, groß, schwer. Fallen immer vom Gepäckwagen. Endlich, alles eingecheckt, nur noch Rucksack und Handtasche in der Hand. Und achja, ein zeterndes Kleinkind auf dem Arm und einen Vierjährigen, der von den Menschenmassen etwas eingeschüchtert ist, an der Hand. Sicherheitskontrolle. Der Vierjährige (der schon wirklich oft geflogen ist, nur halt das letzte Mal vor einem Jahr) will nicht alleine durch den Piepsbogen wie ich es nenne, gehen. Als er dann doch durch ist, dreht er sich um, fängt an zu weinen und läuft zu mir zurück.

Alles beisammen, Kind auf dem Arm, kein Flughafenbuggy für den Kleinen in der Nähe, also ab zum Gate. Der Große trägt die Handtasche und fragt bei jedem Gate, ob das unseres ist.

Tipp für das Fliegen mit Kindern: Genug Zeit einplanen!

Mein großer Tipp: Plant genug Zeit ein, wenn Ihr mit Kindern fliegt. Der Weg zum Gate ist lang. Und mit Kindern noch viel länger.

Da sind wir also, sitzen am Fenster und schauen auf die Flugzeuge. Alle da, nur unseres nicht. Kommt zu spät. Kinder verlieren Lust am Gucken, aber ein Glück, bevor der Kleine durchbrennen kann, dürfen wir in den Flieger.

Und jetzt fängt das Abenteuer erst so richtig an!

Weil die Maschine so klein ist, muss der Kleine mit dem Loopbelt auf meinen Schoß. Es gibt nur Zweierreihen, ausgeschlossen, dass mein Großer alleine in einer Reihe sitzt. Das Bild ist also folgendes: Ich mit dem Kleinen auf dem Schoß, daneben der Große, der sich nicht anschnallen will, weil er dann nicht mehr aus dem Fenster schauen kann. Noch ist alles spannend und der Kleine guckt auch. Doch dann: Anschnallzeichen an!

Theater vom Großen. Schließlich sitzt er dann doch. Aber plötzlich fällt ihm ein, dass so ein Flugzeug ja ganz schön schnell ist. „Wie schnell fährt es? Schneller als Papas Auto? Kribbelt das im Bauch? Ist es laut? Wieso haben wir Schwimmwesten?“ Während wir auf die Startposition rollen, bricht er auf einmal in Tränen aus: „Mama, ich habe Angst!“ Weil es so laut wird. Und weil das Flugzeug so schnell fährt. Er will auf meinen Schoß, auf keinen Fall mehr alleine auf seinem Sitz sitzen. Geht natürlich nicht. Ich nehme ihn also so gut es mit runtergeklappter Lehne in den Arm, den Kleinen auf meinem Schoß und beschreibe beruhigend, was da so passiert. Leichte Unruhe als es hoch geht. Ruckelt in den Wolken. Doch dann können ihn die lustigen Wolkenberge ablenken.

Puh durchatmen.

SONY DSC

Beide in verschiedene Richtungen: So ähnlich sah ich auf dem Flughafen auch aus.

Kurz jedenfalls. Dann fällt dem Kleinen ein, dass er ja gestillt werden könnte. „Mama, Milch, bitte bitte.“ Noch ist er höflich. Nicht mehr lange. Er ist ein kleiner Wüterich und zeigt das par Excellence. Geschrei. Gewinde. Noch mehr Geschrei. noch mehr Gezappel, denn der Loopbelt passt ihm nicht. Der Flieger ist immer noch schief und am Steigen. Der Große entdeckt derweil, dass man ja den Tisch runterklappen kann – noch ehe ich eine Warnung aussprechen kann, fällt ihm der Tisch an die Stirn und nun schreit auch der zweite.

Mein Versuch souverän zu lächeln, während der Kleine meine Brust auspackt

Ich – wie ich glaube, äh hoffe, noch halbwegs souverän lächelnd – (muss ich erwähnen, dass alle in unserer Umgebung zu uns blicken und uns sehr unterhaltsam finden) klappe den Tisch hoch, beruhige den Großen und kämpfe derweil mit dem sich windenden, nach Milch schreienden Kleinen. Der wird immer lauter und schafft es schließlich sich umzudrehen, mir den Pulli hochzuziehen und sich seinen Weg zu suchen. Ich lasse ihn, immerhin ist er ruhig. Die Mitreisenden finden das nun alles noch spannender.

Der Kleine trinkt, der Große guckt ein Buch an. So könnte es jetzt die nächsten eineinhalb Stunden weitergehen. Bis der Kleine fertig ist und auch den Tisch entdeckt. Tisch runter, Tisch hoch, lustiges Spiel. Der Große entdeckt die Armlehne. Armlehne runter, Armlehne hoch. Lustiges Spiel. Es dauert keine fünf Minuten bis beide sich lautstark streiten, ob die Armlehne unten oder oben sein soll. Mama spricht ein Machtwort, was natürlich niemanden interressiert.

Ablenkung in Form von einem Glas Wasser kommt. Der Kleine macht den Arm lang und ich kann ihn gerade noch dran hindern, die Weinflaschen vom Cateringwagen zu räumen. Beide trinken ihr Wasser und kurz kehrt Ruhe ein.

Doch bevor sich meine Mitreisenden langweilen, geht die Show weiter!

Der Große gibt den Rest seines Wasser aus. Der Kleine macht Konfetti aus der Serviette und will sie auf unsere Vordermänner regnen lassen, zwei Japaner, deren Höflichkeit es ein Glück verbietet, sich über die ständigen Tisch-auf-Tisch-zu-Klapperei zu beschweren. Zum Dank wirft mein Kleiner ihnen Serviettenfitzel auf den Kopf.

Natürlich ist es auch einer dieser Flüge, auf denen die Klimaanlage viel zu heiß eingestellt ist. Und ich viel zu warm angezogen bin. Und das mit einem 13-Kilo-Kind auf dem Schoß. Das wäre mal eine Szene für einen Deo-Werbespot!

Was soll ich sagen? Es sind die längsten eineinhalb Stunden meines Lebens abgesehen von den beiden Geburten dieser zwei Prachtburschen.

Endlich gelandet: Mit Schweißperlen auf der Stirn

Endlich der Käptn sagt den Landeanflug an. Alle sollen sich anschnallen. Machen es auch. Ich auch. Der Große auch. Der Kleine wehrt sich gegen den Loopbelt. Ihm fällt ein, dass er ja auch mal Milch haben könnte (eigentlich bin ich dabei, ihn abzustillen und nur noch zum Schlafengehen was zu geben… ein Vorsatz, der sich natürlich im Flugzeug nicht einhalten lässt…). Der Landeanflug sah dann so aus:

Der Große hat wieder Angst, dass das Flugzeug so schnell fährt (das schnelle Fliegen hingegen machte ihm keine Angst) und weint. Der Kleine windet sich auf meinem Schoß, brüllt laut nach Milch und zieht an meinem Ausschnitt. Ich lächel wieder höchst souverän. (Ihr könnt Euch vorstellen wie souverän!) Kurz vorm Aufsetzen schafft er es dann tatsächlich, mich und sich im Loopbelt abzuschnallen. Und während ich uns beide festhalte, bremst der Pilot und ich stemme mich/uns gegen den Vordersitz, die Japaner vor mir freuen sich bestimmt.

Warten am Gepäckband, während die Kinder Fangen spielen

Und dann denkt man, man hat es geschafft, dann hat die Flughafensoftware doch tatsächlich ein Problem und man steht eine halbe Stunde vor dem Gepäckband, während die Kinder Fangen spielen und die anderen Fluggäste umkegeln. Dass ab und zu einer von den beiden Mäusen hinfällt und den Flughafen zusammenschreit, muss ich nicht extra erwähnen, oder?

SONY DSCHeute, mit einem Tag Abstand, finde ich es irgendwie doch recht amüsant. So im Rückblick. Ich, verschwitzt, souverän lächelnd, Zähne zusammenbeißend im Flieger mit einem nach Milch brüllenden Wutzwerg auf dem Schoß, der sich gleichzeitig gegen den Loopbelt wehrt und sein Bestes gibt, meine Brust auszupacken neben einem Vierjährigen, der den Tisch aufklappt und sich selbst die Stirn daran anhaut. Im Film hätte ich das urkomisch gefunden. Gestern nicht so ganz.

Der Moment, wo Du denkst: Früher war es besser

Ich gebe es zu. Es gibt wenige Momente, wo ich an die Zeit vor meinen Kindern zurückdenke (siehe auch mein Parallelwelten-Text) – aber gestern war einer dieser Momente. Irgendwann während dieser eineinhalb Stunden schoss mir der Gedanke durch den Kopf: Ach, jetzt gemütlich eine Zeitschrift lesen und schlechten Bord-Kaffee trinken ,das wär doch was!

Und, was habt Ihr für Flugerlebnisse mit den Kindern? Erzählt!

Her mit Euren schönsten Anekdoten über das Fliegen mit Kindern. Ich bin gespannt!

Und falls Ihr Tipps habt, wie man so einen Flug mit Kindern übersteht – gerne her damit. Im Herbst wollen wir noch mal los. Dann zu viert, was es etwas leichter macht, aber dennoch… vielleicht sogar etwas weiter. (wobei die Fernflüge ja den Vorteil haben, dass man mit den Kindern herumlaufen kann, was auf so einem Kurzstreckenflug ja recht beschränkt ist durch die Servierwagen und Onboard-Shoppingwagen und nicht zuletzt kann man auf Fernflügen die Kinder zumindest eine Weile mit Fernsehen ablenken…)

13 Kommentare zu “Fliegen mit Kindern: Tisch auf, Tisch zu und bloß nicht anschnallen!

  1. Gratuliere zum erfolgreichen Bestehen dieser Prüfung ;-). Der Grund, warum der Jüngste exakt beim Landeanflug deine Brust suchte, könnte unter Umständen darin liegen, dass ihm das Saugen während der Landung (Start) hilft beim Druckausgleich. Dies da bei Kleinkindern die eustachische Röhre noch nicht voll ausgebildet sind. Dies gilt auch noch beim Grösseren, vor allem wenn dann auch noch leichte Erkältung dazu kommt. Ich würde für die Start/Landung Gummibärchen (Kaubonbons oder ähnliches) bereit halten, die die Kinder während dieser Zeit essen können. Lenkt gleichzeitig vielleicht auch von Ängsten ab und sind somit beschäftigt. Damit während dem Flug kein Trinken verschüttet wird (vor allem auf Langstrecke), habe ich jeweils die Schoppenflasche mitgenommen und das Getränk darin einfüllen lassen. Dies kann wiederum auch für den Kleineren während Start und Landung angewendet werden anstatt der Süssigkeiten. Auf Langstrecke würde ich auch sicherheitshalber dem Grösseren anstelle der U-Hose vor dem Einsteigen ‚Easy-up‘ Pants anziehen. Damit nicht während des Fluges ein ‚Malheur‘ passiert. Ebenso die WC-Kabinen gerne besetzt sind, wenn’s eilt. Auf I-Pad oder ähnlichem Filme bereit halten. Weiss nicht, wie sehr sich der Jüngste von diesem Medium schon ablenken lässt. Versuch ist’s wert! Viel Glück und gute Reise!
    Nora

    • Gummibärchen hatte ich tatsächlich parat, brachte aber nichts. Trinken in Saugflasche auch, aber beide, auch der Kleine, finden Gläser viel spannender und haben die Flasche links liegen gelassen. Hatte ich erwähnt, dass der Große beim Landeanflug tatsächlich über Ohrenschmerzen klagte? Das fügte sich in die groteske Situation noch bestens hinein :-) Ein Glück müssen wir uns beim Großen in Sachen Pipi in die Hose keine Sorgen machen, das macht er wirklich gut und kann auch gut aushalten, wenn es mal sein muss. Ach, das wäre natürlich auch noch genau das Richtige gewesen. Ich hatte zwar Ersatzwäsche im Handgepäck, aber das Umziehen in der engen Toilettenkabine, während der Kleine das Klopapier abrollt oder ähnlichen Mist baut – das wäre die Krönung gewesen!

      Ich hatte mein Handy im Flugzeugmodus dabei, traute mich aber nicht, es den Kindern zu geben. Da sind lustige Apps drauf, die sie im Auto gut unterhalten. Aber ich hatte Angst vor Streit – wer darf es jetzt haben – und Wutanfällen meines Kleinen, der dann gerne Dinge durch die Gegend wirft. Und ob die höflichen Japaner vor mir das so stoisch ertragen hätten, wenn sie ein Iphone auf den Kopf gepfeffert bekommen?!

  2. Da hast Du dir ja einen Eltern-Orden verdient! Meinen Glückwunsch. Ganz so hart hab ich es mir nicht gegeben – den ersten Flug allein mit zwei Kindern hab ich gemacht als die beiden 7 und 3 alt waren. Der große Vorteil daran: man kann sie „primen“, also die relevanten Problemchen von vornherein umdeuten. Das mit dem lauten, schnellen, bebenden Flugzeug hat meiner Kleenen keine Angst gemacht weil ich es vorher als tolle, starke Rennfahrt mit lustigem Kitzeln im Bauch verkauft hat. Hat toll geklappt. Dann war der Flug auch nicht mehr beängstigend, oder nervig, aber Papa durfte trotzdem keine freie Minute haben. War aber OK. Nach 2 Stunden (es ging nach UK) war aber die Grenze erreicht – es wäre langweilig geworden, beengt, bewegungsarm und damit schwierig.

    • Komischerweise waren die ersten Flüge alle ohne Probleme und ich bin schon bestimmt viermal alleine mit dem Großen und zweimal alleine mit beiden geflogen. Aber gestern war der Wurm drin… und das mit dem Kitzeln im Bauch war leider genau das, wovor der Große Angst hatte… damit hatte ich mich voll in die Nesseln gesetzt…

  3. Pingback: Fliegen mit Kindern: Tisch auf, Tisch, Armlehne runter, Armlehne hoch und bloß nicht anschnallen! | Just follow your nose.

  4. Oh mein Gott, du Arme…
    Das liest sich alles voll lustig, aber ich wäre auch nassgeschwitzt und fix und fertig danach…fühle mit dir.
    Kamen denn von den anderen keine doofen Kommentare oder gar Ratschläge?
    Das hätte jetzt noch gefehlt :/
    Danke, dass du mich daran erinnert hast – ich wusste doch, es gibt einen Grund, warum wir mit zwei Kindern noch nie geflogen sind ;-)
    Ostsee vor der Haustür reicht mir,
    winke winke

Schreibe eine Antwort zu AnniAntwort abbrechen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.